Archiv der Kategorie: Allgemein

#225: Caruso

Im Radio hat es heute Billy Joel mit Piano Man gespielt und in dem Moment fühlte ich mich in der Zeit zurückversetzt. Ich konnte die kleine Bar, den Flipper in der Ecke und Hari hinter der Bar sehen. Die Musik von Billy Joel, Queen, U2 oder der Rocky Horror Picture Show hören und den Pfirsich oder Fernet direkt schmecken. Und mit einem Mal hatte ich das Bedürfnis nach einem langen Tag, dem ganzen alltäglichen und nicht-alltäglichen Stress und Unzulänglichkeiten, in diese Bar zurückzukehren.

Das Caruso war lange Zeit mein zweites zu Hause. Mit 16 Jahren war es mein erstes Austreten von bekannten Pfaden, ein Eintauchen in eine Welt der Erwachsenen und der Möglichkeit von Ausblenden vom Alltag. Auch wenn viele natürlich älter als ich waren, fühlte ich mich nie ausgeschlossen oder deplatziert, die gemeinsame Liebe für die Musik und die Bar haben die Barriere des Alters verschwinden lassen.

Heute verstehe ich diesen Wunsch an einen Ort zu kommen, der außerhalb des Alltags ist und sich doch wie ein Willkommen anfühlt, umso besser, da es einfach Tage gibt, die nicht dazu gedacht sind zu Hause ausklingen zu lassen. Und nach dem Piano Man stelle ich fest, dass mir ein Caruso fehlt.

#224: Schlafstörungen

Jetzt habe ich einen interessanten Beitrag zum Schlafen gehört. Wenn wir ihm Schnitt 7 Stunden schlafen, dann wachen wir 28 Mal auf! Nur, wenn wir unter 3 Minuten wach sind, dann ist es für uns nicht passiert, weil wir uns nicht mehr erinnern. Und wenn wir uns erinnern, waren wir länger als 3 Minuten wachen.

Das heißt, DURCHSCHLAFEN ist eine Illusion an die ich mich die letzten 5 Jahre umsonst geklammert hatte. Was ja eigentlich nicht schlecht ist, dass es mir gar nicht möglich ist, realistisch gesehen, durchzuschlafen. Meine Kinder wachen somit sogar öfter als 28 Mal auf, was wiederum die offenen Augen von der Prinzessin erklären, wenn sie mich manchmal angesehen hatte im Schlaf (was ein bisschen scary – viel – ausgesehen hat) und der Jr. der zumindest 1 x pro Nacht länger als 3 Minuten munter ist, um mich zu wecken – länger als 3 Minuten – damit ich ihn holen kann. Aber sonst schlafe ich eigentlich sofort immer weiter und habe auch kein wirkliches Problem mit dem Einschlafen und laut dem Beitrag leide ich somit unter KEINEN Schlafstörungen. Was wiederum erleichternd ist.

Es zeigt mir, dass diese Vorstellungen in meinem Kopf ablaufen. Ich bin aber neugierig, ob ich morgen früh wirklich fitter und mehr ausgeschlafen sein werde, jetzt wo ich die wissenschaftliche Erkenntnis von Schlafen kenne. Was ich mir überlege ist jedoch, ob ich mir so einen Wecker mit Aufwachlicht kaufen werde, weil mit einer gescheiten Produktion von Cortisol auch das Aufwachen und Muntersein besser funktionieren soll.

Zyklus: Helden von heute

Der F. heißt eigentlich Franz und ist ein wirkliches Original. Nicht nur, dass er weit über 70 ist, so kämpft er seit Jahren mit den Widrigkeiten des Krankseins. Sein Herz spielt schon lange nicht mehr mit, Bluter ist er auch, und eigentlich auch Diabetiker, nur die Zuckerkrankheit meint es gut mit ihm lässt ihn zur Zeit in Ruhe. Sein Fuß ist in einer Schiene und wirklich gehen, geht schon lange nicht mehr wirklich. Eigentlich müsste er operiert werden, aber keiner der Ärzte traut sich das mehr, da seine Überlebenschancen weit unter 25 % wären.

Und trotzdem hat er bis vor kurzem noch regelmässig für Freunde gekocht. Und wenn er gekocht hat, dann roch man das im ganzen Stiegenhaus der Stiege 1. Auch das Rauchen ist für ihn wichtig, weil das schmeckt ihm. Und anstelle Wein oder Bier gibt es halt ab und zu einen Schnaps. Am Liebsten regt er sich auf, dass seine Frau zu viel Strawanzen geht. Und wenn er anfängt zu reden, dann merkt man, dass er das mit einer leidenschaftlichen Grantlerei tut, die einem Qualtinger alle Ehre macht. F. kommt ja auch ursprünglich aus dem 10. Hieb und war Kranführer, ist leidenschaftlich im Wirtshaus gewesen, wobei wehe jemand sagt etwas böses über seine Frau.

Seit dem Frühling trinkt er auch regelmässig meine grünen Smoothies, weil es ging ihm mit seinen Blutwerten nicht so gut. Und wenns nichts schadet dann kann es ja vielleicht doch was nutzen. Das glaubt einem ja eigentlich kein Mensch. Man stelle sich vor, man hält dem Qualtinger so einen grünen Saft hin, aber der F. trinkt’s und mich freut es, wenn er keppelt und grantelt. Ein Original, ein ganz Besonderes!

#223: Klimaschutz und so

In letzter Zeit habe ich mich viel mit Klimaschutz, politischer Ökologie und dem Klimawandel beschäftigt. Und eigentlich weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll! Es gibt immer noch Klimaleugner, wer mehr über deren abstruse Ideen lesen will, geht einfach auf skepticalscience.com, weil durchaus haben sich die Gletscher erholt, aber die Gletscher sind nicht alles. Die Kontinente erwärmen sich wesentlich rascher als die Meere. In Österreich liegen wir bei rund + 2 Grad, während das globale Niveau bei 0,8 Grad liegt. Auch Anomalien sind heute wesentlich stärker wahrnehmbarer als sie noch früher waren. Hitzeereignisse werden nicht mehr nur alle 5 Jahre gemessen sondern jährlich.

Das Ziel auf welches sich Klimatologen, Politik, BürgerInnen und Unternehmen einigen sollten wäre eine globale Erderwärmung von + 2 Grad und zwar sollte diese Erwärmung konstant und stabil bleiben. Dann hätten wir 2050 immer noch mit massiven Veränderungen zu kämpfen, da die Küstenlinie in Europa sich verschieben würde und Niederschlagsmengen im Norden wesentlich mehr und im Süden um ein vielfaches weniger werden würde. Ich denke, wir können uns gar nicht vorstellen, was das bedeutet. Wie sich unser Leben verändern wird. 2050 bin ich zwar sehr alt, aber immer noch rein statistisch am Leben, ganz zu schweigen von meinen Zwein.

Univ. Prof. Helga Kromp-Kolb hat in einem Vortrag darauf hingewiesen, dass ihre Generation diesen Klimawandel massiv begleitet und mitverursacht hat. Jedoch ist es unsere Generation, die nichts dagegen unternimmt, als immer wieder um Prozentpunkte zu kämpfen. Und es wird den Jüngeren nahe gelegt einen Wandel einzuleiten, nur genau hier liegt das Paradoxon, wir befinden uns in einem scheinbar ausweglosen Dilemma. Einerseits müssen wir reduzieren (Emissionen) und ausbauen (Geo-engineering, Grün, …), und doch haben wir schon am 28.8 die Ressourcen des Planeten für ein Jahr aufgebraucht (Earth Planet Day). Wir dürften rein theoretisch ca. 1t/co2 pro kopf pro Jahr verbrauchen, der typische Österreicher verbraucht 10t.

Eine Reduktion schein ökonomisch unmöglich – denke man auch an das Interview des VOEST Vorstandes, der vor Abwanderung warnt. Wir beissen uns in den nicht vorhandenen Schwanz. Und unsere Kinder mittendrin.

Wir müssen stärker interdisziplinär zusammenarbeiten, um Lösungen zu erarbeiten. Und ich halte es mit Kromp-Kolb, die meinte, dass sie zwischen puren Optimismus und Horrorszenarien schwankt.

#222: Pubertät, wir kommen die Zweite

Wie soll man bitte als Elternteil ernst bleiben, wenn einem die bald 11jährige Tochter voller Innbrunst erklärt:“Ich will nur eines sagen (mit wirklich dramatischer Gestik, roten Flecken im Gesicht und hysterischem hohem C), dass ich dieses Buch hier nicht freiwillig lese!“

Hintergrund, wir haben ihr mehr oder weniger (eher weniger) freiwillig 5 Bücher zur Auswahl gegeben, die sie lesen könnte, darunter auch Wolfsblut von Jack London wissend, dass die Prinzessin Hunde und Tiergeschichten mag. Aber das sind halt alles Bücher, die nicht cool sind (1906 geschrieben) und überhaupt wem interessiert das, was wir „Alten“ gelesen haben.

Natürlich soll sie mir das sagen, was sie nicht will, was sie unfair findet, wie wir ihr Leben zur Hölle (nicht heute zumindest) machen, da müssen wir durch, weil wir eben wissen, dass dem nicht so ist, dass wir es nur gut meinen, dass eben ein Buch zu lesen Spaß machen kann und hoffentlich wird. Und ja ich bin froh, dass es nur solche Themen sind mit denen wir uns herumschlagen. Aber es ist ein gutes Training für all‘ das Kommende.

#221: Freunde kann man sich aussuchen

Und Familie nicht. Ich habe es mit Beiden gut getroffen. Am Wochenende haben wir den 5ten Geburtstag von Pam-Pam gefeiert. Und zwar mit Picknick Decke, Prosecco, Schnitzerln, Himbeersaft, Roastbeef und Fleischleibchen uvm. auf der Jesuitenwiese im Prater. Es waren 11 Kinder, noch mehr Eltern und Erwachsene und sogar 2 junge Erwachsene, die der Einladung gefolgt sind. Die Sonne hat geschienen und die Kinder haben sogar in feinster Feinripp-Unterleiberl Manier Fussball gespielt. Ich kann gar nicht dankbarer sein für diesen wunderbaren Tag, weil nicht nur, dass wir herrlichstes Wetter hatten, wir haben auch fast alles aufgegessen und ausgetrunken. Um 10 Uhr als wir aus unserer Haustüre gingen, fühlte ich direkt wie meine balkanesischen Wurzeln aus jeder Kiste und Kühlbox (3 Kisten, 2 Kühlboxen) herausjubelten. Vor Ort belegt wir den besten Tisch und breiteten uns entsprechend aus.

Wir spielten Fussball. Männer verletzten sich (wie es sich gehört mit entsprechender Vorwärtsrolle und Urschrei). Kinder stritten und vertrugen sich. Eltern schliefen, tratschten und genossen die Sonne.

Ich bin dankbar für diese Freunde, deren Kinder auch die Freunde meiner zwei Kinder sind (groß und klein!). Ihr habt diesen Tag zu einem wundervollen Erlebnis gemacht.

#220: Pubertät, wir kommen

Es ist blöd, wenn man sich selbst nicht mehr so an seine eigene Pubertät erinnert oder wann sie angefangen hat, wie lange und wie man sich gefühlt hat, nämlich tatsächlich. Das ich dachte, dass meine Eltern mich sowieso nicht verstehen, total uncool, gemein und einfach Eltern waren, daran erinnere ich mich, aber dieses tiefe innere Gefühl verblast irgendwie und relativiert sich mit den Jahrzehnten.
Und ja, ich habe sogar mit meiner Mama „gerauft“, da ich der Meinung war, dass sie den Modeschmuck meiner Oma nicht haben durfte. Und ich habe sie angeschrieen, Türen geknallt und war frech. Wie das meine Eltern ausgehalten haben, frage ich mich manchmal.
Auf ein entsprechendes Streitgespräch mit meinen Eltern habe ich ihnen vorgeworfen, dass sie selbst schuld seien, den sie hätten ja keine Kinder bekommen müssen.

Meine Prinzessin ist noch nicht ganz so weit und noch Lichtjahre von so einem Benehmen entfernt, aber die emotionalen Hochschaubahnfahrten beginnen langsam und geben mir das Gefühl, dass ich in einem Wagon sitze, der erst langsam in Fahrt kommt und mit Höhen und Tiefen immer schneller wird. Nur das mit dem Bremsen wird mir immer mehr bewusst, das funktioniert nicht.

#219: Gewalt und Philosophie

Was hat Gewalt mit Philosophie zu tun? Gewalt kämpft immer noch damit sich in seiner Begriffsdefiniton wiederzufinden. Schon alleine das scheint gewaltig gewalttätig abzulaufen. Wo noch bis in die 1960er Jahre der Fokus auf der physischen Gewalt lag, wandelte sich mit Habermas dieser Fokus, weil schlussendlich man argumentieren könnte, dass überall ums uns herum Gewalt ist. Soziale, sprachliche, politische … Gewalt findet sich in allen Medien, in Kunst und im Eltern- und Kindsein.

Sogar Sartre gibt an, dass Gewalt nicht ohne Gegenwart existiert. Somit Schuld sind sowieso immer die anderen. Und wer kennt das nicht? Nicht nur von seinen Kindern und sich selbst scheint es immer einfacher zu sein zu relativieren. Er oder sie hat angefangen und somit sollen Handlungen gerechtfertigt werden.

Eine Definition, die mich persönlich anspricht, ist die, dass Gewalt den Anderen in seiner Andersartigkeit negiert und verletzt. Wobei Andersartigkeit nicht sichtbare Andersartigkeit notwendigerweise beschreibt, wobei natürlich kann (von den großen Ohren angefangen) aber oftmals eben etwas ist, was nicht greifbar ist, was uns unterscheidet in unserer Art und Weise von dem Anderen.

Kinder sind hier besonders betroffen, einerseits in ihrer eigenen Abgrenzung zu dem Anderen und andererseits im Verletztwerden durch Worte und Sprache und Verhalten. Sie können dadurch mindestens gleichermassen verletzt werden, wie durch physische Gewalt. Wir sehen aber leider oft nur die sichtbaren Verletzungen und nicht die anderen.

#218: meine Probleme mit Kant

Ich habe ja so ein paar persönliche Befindlichkeiten mit Kant und dieses Semester ist es soweit, dass ich mich ihm stellen muss. Ich habe nämlich gleich 2 Seminare und eine Hauptvorlesung zu Kant, seiner Moralvorstellung, der praktischen Vernunft und den Kategorien inklusive. Ich mochte ihn bis dato eigentlich nicht, weil er einerseits so vertrocknet unsympathisch aussieht. Das muss man – finde ich – sagen dürfen, weil bei ihm geht es auch viel um Anschauungen und Wahrnehmungen. Ästhetik nach Kant handelte nicht von der Kunst und den schönen Dingen, sondern davon, wie wir das Subjekt anschauen und ihm dadurch Erkenntnis geben können. Und meine Erkenntnis war, dass er einfach unsympathisch rüberkommt. So null Humor und so. Er war ja auch der Meinung, dass an seine Akademie nur jemand Einlass finden darf, der Mathematik versteht.

Er spricht auch gerne über das „uns“ und meint nicht die Vielzahl von uns Individuen, sondern er meint das „transzendentale Subjekt“. Er ist kompliziert und man könnte fast meinen, dass es ihm einen Heidenspaß macht, dass wir einmal nachdenken müssen, was er den hier so damit meint. Weil schlussendlich sagt er ja auch, dass wir „üben, üben, üben müssen um zu verstehen“.

#216: konsi

Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich einmal als ein „Konsi“ empfinden würde, fast spiessig, wie ich ein Problem damit habe, wie manche Erwachsene sich verhalten. Natürlich sah die Familie gestern auf den Fahrrädern super aus, und ich meine so richtig cool stylish in Lederjacke, coolen Klamotten und fliegenden Haaren … Und ich weiß, dass ich wirklich blöd mit dem Fahrradhelm aussehe, trotzdem ich ein Hutgesicht (angeblich) habe. Aber ich trage einen, nicht nur weil ich ein Vorbild meinen Kindern sein will, muss und möchte, sondern auch, weil es einfach sicherer ist. Und natürlich verlange ich auch von meinen Kindern, dass sie einen Helm aufsetzen müssen, weil Kinder nun mal nicht nur nicht den Erfahrungsschatz von uns Erwachsenen im Straßenverkehr haben, sondern auch, weil sie eben kleiner, weniger sichtbar und gefährdet im Strassenverkehr sind. Und somit ist es dumm von den coolen und gut angezogenen Erwachsenen ohne Helm zu fahren, aber ihre Kinder ohne Helm mitten in Wien auf der Straße fahren zu lassen, ist dumm, überheblich und verantwortungslos.

Dagegen ist das Auspacken und Essen bzw. Trinken von nicht bezahlten Artikeln im Supermarkt natürlich kleinlich, aber ich mag es trotzdem nicht. Vor allem, wenn es solche Ausmaße annimmt, dass nicht nur ein Semmerl für den Nachwuchs gegessen lassen wird, sondern die ganze Familie nutzt den Einkauf im Supermarkt für ein mobiles Picknick.
Meine Mama hat mir immer gesagt, dass wir zuerst unsere Einkäufe bezahlen müssen, weil sie davor eben noch nicht uns gehören, und schlussendlich stimmt es. Und keines dieser Kinder oder Elternteile sieht danach aus, dass es nicht 10 Minuten warten könnte. In unseren Breitengraden sind Hungerperioden eher selten. Warten lernen und Geduld haben, ist wohl für den Nachwuchs auch nicht so verkehrt zu lernen, vor allem, da es vielleicht nur eine Kleinigkeit ist, aber wenn ich immer dieses Gefühl vermittle, dass alles sofort und gleich vorhanden ist, wird das wohl kaum passieren.

Manchmal sind es Kleinigkeiten und manchmal eben nicht, die uns zeigen, was für Werte und Einstellungen wir selbst haben. Und somit bin ich eben doch spiessig, zumindest ein bisschen manchmal.