Archiv der Kategorie: Allgemein

#215: Die Wiesn

Gestern war ich das erste Mal auf der Wiener Wiesn und meine Zelterfahrungen beruhen auf diverse Zirkusbesuche und einem einmaligen Messebesuch im Linzer Land vor über 15 Jahren (und der dürfte nicht beeindruckend gewesen sein, sonst würde ich wesentlich sattelfester im Schunkeln sein).
Somit sind wir auch schon beim Schunkeln und Einsingen, Mitsingen, Nichtsingen des gestrigen Abends. Die Stimmung des Publikum steigt mit dem Alkoholkonsum und der wiederum steigt, weil die volkstümliche Ziehharmonika-Truppe zwischen jedem zweiten Lied „Ein Prosit“-Lied einfordert und prompt reagieren die Tische und prosten sich mit halb Liter Krügeln Wein oder größeren Gefäßen mit Bier zu. Überhaupt war das Intervall zu Beginn wesentlich höher als gegen Ende des Auftrittes, aber das lag wohl daran, dass sie von sich wohl nicht so überzeugt waren, dass sie eine entsprechende gruppendynamische Euphorie zusammenbringen. Sei es drum, es hat funktioniert. Selbst die nicht trachtragenden Intellektuellen (die erkennt man in der Masse der Dirndl und Lederhosen) standen dann auf den Tischen und haben die „Hände zum Himmel“ (kommt lasst uns glücklich sein).

Ich kenne da nichts, ich mache mit beim Schunkeln auch ohne entsprechende Motivationshilfen, weil schlussendlich weiß ich ja, warum ich dort bin – um Spaß zu haben. Und den hatte ich definitiv. Mit meiner Freundin J. habe ich einen Discofox (siehe Eintrag davor, wie beeindruckt ich sein kann) hingelegt, das einem die Ohren schlackern. Und ja, wir haben etwas gebraucht, weil sie halt lernen musste, wer führt – und zwar ich! Was auch einem wackeren Lederhosen-Mann aufgefallen ist, der nach 2 Drehungen aufgegeben hat „Du losst die ned führen.“ …

Über Mehrdeutigkeit braucht man auf so einem Fest nicht nachdenken.

#214: Spielplatz Daddys

Letztens am Spielplatz war ich wirklich geflashed, rundherum nur coole Papas in Baggypants, lässigen T-Shirts, wilder Pittfrisur und Ray-Bans auf der Nase. Fast Pipi in die Hose machte ich aber, als ich 2 besonders coole Exemplare auf der Bank sitzen sah, lässig das Bein übergeschlagen und miteinander plauderten über den Nachwuchs, die Jausenbox herrichteten und einfach chic aussahen, während sich der Nachwuchs sich im Rindenmulch wälzte.
„Also so schwer ist das auch nicht.“
„Stressig sowieso nicht, auf das bisl Kind aufzupassen.“
„Die Sonne ist schon herrlich heute.“
„Geh Lionel pass ein bisl auf.“

Leider habe ich nicht die erste Streiterei mitbekommen, die Schramme, das endlich gehen wollen, das doch noch dableiben müssen, das ich will jetzt was Süßes, hilf mir, hilf mir nicht, komm‘ endlich mit und höre mir zu …

#213: Bildungsstress

Bildung ist weitaus mehr als ein festzuschreibendes Ziel in einer Gesellschaft, es ist die wichtigste Möglichkeit und Chance um eine stabile Zukunft zu gewährleisten. Und für ein Land, eine Gesellschaft geht es um weitaus mehr als nur um wirtschaftliche Belange, sondern auch um die Sicherheit und Stabilität einer Demokratie.

Bildung sollte auch nicht das Machtelixier der Oberschicht und Eliten werden. Kinder sollen Freude und Spaß am Lernen haben, Werte vermittelt bekommen, die abseits von BIPs und perfekten Lebensläufen stehen.

Ich gehöre der niedrigen Prozentzahl an, denen man nachsagt, dass sie kaum Chancen auf einen höheren Bildungsabschluss haben, als ihre Eltern. Mein Vater hat einen abgeschlossenen Lehrberuf, meine Mutter noch nicht einmal das und war Zeit ihres Lebens Hilfsarbeiterin. Bildungsfern würde ich mein Elternhaus trotzdem nicht bezeichnen. Mit meinem Vater diskutierten wir über Politik, Wirtschaft und soziale Themen und oft oder fast ständig waren sie heftig und lauft.
„Ihr seid’s noch nicht da, wo ich heute bin. Wirst schon sehen, wenn du mal in meinem Alter bist …“ Meine Mutter war das ausgleichende Ventil, versuchte die Ruhe zu bewahren oder dazwischen zu schreien, dass sie das mit uns nicht mehr aushält, jeden Sonntag das Gleiche … Sie haben uns (meinem Bruder und mir) den Raum gelassen, zu lernen, selbst zu erfahren, kritisch zu sein.
Insofern stimmt es, dass Bildung im Familienverbund beginnt und gestärkt werden muss. Aber es darf auch nicht dazu führen, dass der Druck auf Kinder so enorm ist, dass Kinder nur noch funktionieren dürfen – zu einem Abziehbild ihrer überengagierten Eltern werden.

Wie schon unzählig oft gefordert, muss das Bildungssystem verändert werden. Ein System, dass noch mit schulfreien Tagen aus dem 19 Jahrhundert brilliert (Dienstag nach Pfingsten und Ostern ist deswegen frei, weil früher Lehrer in den Kirchen Orgelspielen mussten und man ihnen somit einen freien Tag zur Verfügung stellte), ist doch mehr als hinterfragungswürdig, vor allem, wo wir im 21 Jahrhundert angekommen sind.

Nur WARUM lässt sich dieses System nicht ändern, daran scheitere ich in meiner Vorstellung, vor allem wenn ALLE (Politik, Eltern, Experten, Nicht-Experten, Lehrer, Schüler, …) es wollen.

#212: Ethik lebbar machen

Zur Zeit beschäftige ich mich intensiv mit Ethik, sei es mit Unternehmensethik, Führungsstilen oder dem guten Leben, aus dem sich Bewegungen, wie Degrowth, entwickelt haben. Ich lese viel, versuche Verbindungen herzustellen zwischen Philosophen von damals und heute. Und dann sehe ich mir die Nachrichten an … Flüchtlingsdiskussionen, IS-Miliz, Flüchtlingsdramen, Luftangriffe und parlamentarische Diskussionen zur Flüchtlingssituation. Dazwischen findet sich vielleicht einmal Ebola, Wirtschaftspgrognosen, Börsengänge und Klimagipfel.

Was hat sich tatsächlich zu den Kriegen von früher verändert? Nur die Mittel und Möglichkeiten? Wollen wirklich nur so wenige die Welt zu einem besseren Leben verändern, dass es unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet?

Die Phantasien, die Philosophinnen wie M. Nussbaum, verfolgen, sind faszinierend. Voller Hoffnung auf das, was im Menschen für Möglichkeiten stecken, gleich Aristoteles, auf den referenziert wird. Und doch, wenn ich dann die Nachrichten einschalte, dann kommen in mir so viele Zweifel hoch, was umsetzbar ist, ob es lebbar ist, und und und.

#209: Discofox

Es gibt noch immer den guten alten Discofox. Ich konnte es kaum glauben, als ich diesen Samstag in Wien wegging und in der Fledermaus nicht nur schunkelnde ältere Damen im Discofox sich hin und her wiegen sah, sondern ein Mann höchst professionell mit zwei Damen gleichzeitig im Discofox brillierte und das in einer Leichtigkeit, dass es ganz gleich war, dass die drei so aussahen, als würden sie aus einer Landdiskothek (man entschuldige mir mein vorurteilbehaftetes Denken) direkt hier her gebäumt worden sein. Da kann der Taxitänzer aus der Edenbar nicht mithalten!

Einen Gockelfox hat dann der kahlköpfige Muskelprotz hingelegt, der im Feinripp T-Shirt und einer Jeans so tanzte, als hätte er die „Proteine“ mit anderen „Hartmachern“ verwechselt, so steif war der Oberkörper, jedoch leicht übergebeugt (wie ein Gockel) hatten die Beine keine Möglichkeit als einmal nach rechts und links zu scharren.

Motiviert habe ich mich dann bei Sempre, Sempre in den letzten Takten an meine Tanzpartnerin geschmissen und versucht alte Erinnerungen hervorzuholen. Ein herrliches Gefühl. Alles Discofox!

#208: g’scheit schreiben

Seit Anfang der Woche bin ich ganz im Derrida, Deleuze und Philosophie-Fieber. Ich schreibe nämlich eine Seminararbeit über … DAS SPIELZEUG! Ja auch darüber lässt sich klugscheissen. Weil was ist Spielzeug wirklich? Wann ist was Spielzeug? Es kann sich ständig ändern, kann einmal DAS sein, dann was anderes. Das was jeder eben entscheidet. Schaut man sich Kinder an, dann sehen wir, dass aus dem Ast von Kampfwaffen (Wohl das Beliebteste, was noch urzeitmenschlich in uns verwurzelt ist.) bis hin zu Schistecken umfunktioniert werden. Unsere Legomaxerln habe keine Hände, Haare und manchmal hängt der Kopf auch nur am Fuss des anderen Maxerls. Nichts scheint so wie es ist und nichts muss so sein!

Etwas was wir Erwachsene eigentlich eh schon vergessen haben. Aber wir uns unbewusst dies durchaus noch zu Nutze machen, indem wir im Sport unsere Schuhe auf einmal zum Sündenbock des verlorenen Spiels machen, der Schläger nicht mehr der ist, der er einmal war. Oder denkt man an die Spielchen, die wir im Job oder in der Gesellschaft spielen, wo wir Kleidung und andere Machtsymbole zu unserem Spielzeug instrumentalisieren, um etwas darzustellen, wo wir uns fragen können, ob wir das überhaupt sind.

Somit beschäftige ich mit dem Zeug und versuche Parallelen zu ziehen, die uns keine Antworten geben müssen, aber einen Gedanken, der wiederum zum Nächsten führen kann.

#207: die Mischung macht’s

Dieses Wochenende war am Karlsplatz das Strassenkünstlerfest und am Heldenplatz das Erntedankfest, am Sonntag haben wir uns zwischen diesen beiden Welten bewegt. Während am Karlsplatz ein Kärtnerbua Volkslieder in schönster Reggae-Manier interpretierte, spielten am Ring Blasmusikkapellen und es wurden Blumen, Wein und Gemüse verteilt. Die Welten könnten nicht gegensätzlicher sein zwischen Dirndl und Dreadlocks und doch sind beide unerlässlich für uns.

Wer sagt uns, dass das eine besser ist als das andere? Traditionelles Kulturgut gegen traditionelles Kulturgut, nur in seiner jeweiligen Sprache übersetzt. Ich fand es an beiden Plätzen großartig, weil es doch nur die Mischung ausmacht und uns die Möglichkeit gibt aus beiden Welten das Beste für uns herauszuholen.

NACHTRAG: jetzt habe ich gerade den Artikel im Standard von Fr. Weissensteiner gelesen und frage mich, wenn man das so liest, ob ich mich schämen muss, dass ich dieses Erntedankfest gut finde. Na gut, ich war nicht am Samstag oder Freitag dort, habe keine politischen Reden gehört, auch keine Segnungen und mir ist auch kein Rudelbeten untergekommen. Das Verteilen der Luftballone aus dem ÖVP Wagen war am frühen Nachmittag aus, da die Gasflaschen zum Befüllen alle aufgebraucht waren – habe ich bemerkt, da sehr viele Kinder unglücklich vor der älteren Dame standen. Natürlich geht das Fressen und Saufen immer am Besten. Aber am Karlsplatz war das nicht anders, nur dort war es halt die Ottakringer Brauerei mit mobilen Spritzer- und Bierwagen. Das Erntedankfest gibt vielen Produzenten die Möglichkeit direkt an den Konsumenten zu gelangen, was auch immer daran verwerflich ist, hat mir Fr. Weissensteiner nicht vermitteln können. Das ich nicht objektiv schreiben muss, liegt daran, dass ich hier meine persönliche Meinung kundtue, dass sollte aber eine professionelle Journalistin in den ersten Stunden ihres Studiums lernen vor allem wenn man vermeintlich für ein Qualitätsblatt schreibt.

Psychologie mal anders: Regeln

Was sind Regeln? Sie bestimmen Verhaltensrichtlinien für bestimmte Umgebungen. Unterteil werden sie in explizite Regeln – wer kennt sie nicht die ganzen Verbotsschilder, die unser Leben reglementieren. Oder implizit, indem wir durch Transaktionen lernen mit unserer Umgebung umzugehen – in der Disco neben dem Lautsprecher stehen …

Aber auch gegenüber anderen Menschen abfällig und bösartigst untergriffig zu werden. Dann tut man das einfach nicht. Das wir alle mal lästern oder bereden, was wir persönlich anders machen würden, das ist eine menschliche Angelegenheit, die uns helfen soll, uns besser zu fühlen (Aufwerten). Man muss nur aufpassen, dass es nicht zu einer Abwärtsspirale wird, die nur mehr verletzend ist. Wie weit darf man gehen? Das geben uns implizite Regeln nicht vor.

#205: Willst du meine Freundin sein?

Eine der schönsten und bewegendsten Reden eines Trauzeugen hielt mein Bruder bei der Hochzeit seines besten Freundes Simon. Um seine Frau darauf vorzubereiten, was es heißt zu Simon zu sagen: „Ja, ich will!“ erzählte er ihr von seinem ersten Schultag mit 10 Jahren in der Mittelschule. Damals kam Simon auf ihn zu und der erste an ihn gerichtete Satz war: „Willst du mein Freund sein?“ Und 19 Jahre später ist er der Trauzeuge und ist ihn nie wirklich „los“ geworden.

Und heute erzählt mir meine Prinzessin überglücklich, dass sie an ihrem ersten Schultag schon eine Freundin gefunden hat. Sie sitzt nämlich neben der Valentina und die hat ihre Stifte vergessen, also half sie ihr aus. In der Kirche während des Schulgottesdienstes haben sie sich dann beide gleichzeitig (!) die wichtige Frage gestellt: „Willst du meine Freundin sein?“

Ich finde es schön, wenn das noch so ungezwungen geht. Wie würden unsere Arbeitskollegen oder Nachbarinnen schauen, wenn man so nach ein paar Sätzen fragt: „Willst du meine Freundin sein?“ Wir vertrauen viel weniger auf uns, warten ab, weil wer weiß, vielleicht ist die eh nicht so nett … Und Freundschaft bedeutet ja auch etwas, Zeit, Interesse und Freude zu teilen. Es ist ein Versprechen, dass man sich gibt.

Im Falle meines Bruders eines, dass schon 20 Jahre anhält.

#204: Auf dem Rücken der Patienten

Ich war am Donnerstag das erste Mal in meinem Leben bei einer physiotherapeutischen Sitzung, und das nur weil ich wegen meinem Fuss (die Fusssohle hat mir halt wehgetan) zum Orthopäden ging, und dann neben einer Röntgenüberweisung mit Einlagen hinausging. Das Ergebnis war, dass mein Röntgen der Wirbelsäule jetzt nicht so berauschend ist, wie man sich das selbst halt so vorstellt und ich mit einer Anordnung zur Physiotherapie bei der Gebietskrankenkasse vorstellig wurde. 10 Sitzungen zu 45 Minuten und 10 Teilmassagen zu 15 Minuten so war es zumindest vorgesehen, bewilligt wurden mir 6 Sitzungen zu 30 Minuten. Und das mit wirklich unfreundlichen Worten „mehr kriegen sie ned bewilligt …“ – und ich habe noch nicht mal nachgefragt.

Die Physiotherapeuten waren baff erstaunt, weil ich (was ich nicht wußte) eigentlich Anspruch auf 16 Sitzungen im Jahr habe, und ob ich heuer schon was verbraucht hätte?! Ich habe bis gestern noch NIE eine therapeutische Leistung in Anspruch genommen, und trotzdem bekomme ich noch nicht mal die Hälfte von dem bewilligt, was Usus ist … und dann in einer ausserordentlichen miesen Servicequalität.

Trotzdem beziehe ich die 45 Minuten Sitzung, weil das meine Gesundheit mir wert ist und mir die Mittel zur Verfügung stehen. Was nicht allen möglich ist (eher das Gegenteil). Meine erste Einheit war hart, nicht nur, weil ich mir vor Augen geführt wurde, dass ich viel zu wenig tue (obwohl ich gar nicht so wenig mache, aber eben nicht das Richtige). Laufen und Ausdauersport ist mal auf Eis gelegt und stattdessen muss ein Rumpf, Bauch, Brustmuskeltraining erstellt werden. Frustrierend ist es, wenn einem mit kleinen Übungen (Skorpion aus dem Yoga) gezeigt wird, wie weit ich von Körperbeherrschung entfernt bin. Aber da mein Therapeut schonungslos ehrlich und hart ist, stachelt er mich schon an und schon bin ich heute morgen für die Hälfte meiner Übungen am Boden gelegen und in 2 Wochen … dann,dann wird er schauen …