Ich habe heute den Artikel im Standard ( https://www.derstandard.at/story/2000132723089/besitzen-wir-wirklich-10-000-dinge) gelesen und nicht nur, dass mich der Artikel sofort zum Evaluieren und Nachdenken brachte, was Besitz bedeutet oder welche Zahl wohl eine „Richtige“ wäre – vor allem in Zeiten von Nachhaltigkeit in Vergleich zur Obsoleszenz – so haben mich vor allem einige Kommentare zum Schmunzeln gebracht.
So einer handelte vom Nachlaß und dem Verweilen am Dachboden der Erinnerungen. Jedes Stück hat eine Geschichte oder auch keine und ist vielleicht einfach nur etwas worüber Mann oder Frau seinen Kopf schüttelt.
2020 habe ich mit meinem Bruder die Wohnung unserer Eltern zuerst sortiert und dann geräumt und unser Vater war ein Perfektionist, wenn es ums Besitzen ging. Zum „Leidwesen“ der Nachkommen hat er seine Perfektion in nicht wertvollen Dingen gelebt, dafür sind sowohl mein Bruder als auch ich und die darauffolgende Brut mit mehrfachen Maktias, AEGs usw Werkzeugutensilien (Schleifen, Schweißen, Bohrungen – mehrfach, …) ausgestattet. Auch andere sehr nutzbringende Dinge gab es mehrfach, zb. 9 Bialettis in allen möglichen Größen mit 100ten Dichtungsringen, Radios (mehrere Weltemfpänger), Ladegeräte für Batterien, Batterien, Beschriftungsmaschinen, Laden voller Druckerpatronen usw usf. Alles beschriftet und in eigene Kartons verpackt.
Warum er so viele Druckerpatronen und Papier hatte, haben wir dann auch herausgefunden. Es gab ein Kasterl mit ganz vielen Bene Ordnern, die fein säuberlich beschriftet waren mit Dokumenten, Rechnungen und dann gab es Reihen ohne Beschriftung und als ich damals den ersten Ordner öffnete, schloß ich ihn wieder und versuchte mir einen Überblick zu verschaffen, um wieviele solcher Ordner es sich wohl hier handelte. Mehrere Ordner voll von erotischen Bildern – fast nackte Frauen, die ihre Geschlechtsmerkmale immer vordergründig zur Geltung bringen wollten – aber nix Unanständiges. Da dich dieses Erlebnis nicht alleine „genießen“ wollte, habe ich auf meinen Bruder gewartet, damit auch er dieses Aha-Erlebnis haben konnte (natürlich ohne Vorwarnung). Jedes Bild war fein säuberlich ausgedruckt und in eine hochwertig dicken Klarsichthülle gelegt. Unser Anspruch nachhaltig zu trennen und ökologisch zu agieren wurde hier erstmals tatsächlich auf die Probe gestellt.
Aber es gab auch „nutzvolle“ Dinge (je nach Sichtweise), wie Verbandsmaterialien und mehrere Diabetesgeräte mit neuverpackten Nadeln , die der Hit in einem Männerheim waren. Mein Vater hatte auch mehrere Flaschen von 750 ml Parfum Brut Brut Black, weil er sich während seiner Krankhauszeit erinnerte, dass damals (60er/70er) das Parfum sehr „inn“ war und es doch Zeit wäre, nach dem Tod meiner Mutter, sich attraktiv für die Frauenwelt zu machen. Mein dezenter Hinweis damals, dass ein volles Gebiß (während seines Aufenthalts verlor man seine untere Zahnprotese) vielleicht sinnvoller wäre, schmetterte er ab. Er meinte, dass ich schon oberflächlich wäre und es doch um die inneren Werte ginge.
Mein Vater hatte von einigem so vieles, vor allem in allen möglichen Variationen und zumeist neu verpackt und nicht verwendet. Auch ich habe mir damals gedacht, ich will das meinen Kindern nicht antun – gut Pornobilder habe ich eh keine – aber in der Rückblende hatten wir die Chance uns mit unserem Vater auseinanderzusetzen mit ihm und seiner Eigenart Dinge zu besitzen und zu pflegen (ich habe auch bis an mein Lebensende Schuhputzzeug). Mir hat es zumindest retrospektiv geholfen, joy hat es aber nie gesparkt.