Ich kenne das Konzept von Anschreiben ja nur aus den Erzählungen meiner Großmutter und meines Vaters, vor allem wenn es um den Nahversorger Kreisler, Fleischer oder Bäcker ging. Meine eigenen Erfahrungen mit einem Kreisler waren eher dürftig und lagen vor allem in einer Zeit, als ich noch zur Schule (Unterstufe) ging und dort meine Naschsackerln oder Semmeln gekauft hatte. In Erinnerung blieb mir, dass die Besitzer immer recht grantig zu uns Kindern waren.
Nicht so Herr Amon – der Fleischer im 11. Bezirk beim Schloss Neugebäude – der mich als erstmaligen Kunden gleich anschreiben liess. Ich hatte zugegeben nicht ausreichend Bargeld mit, da ich mich darauf verlassen hatte, dass es ja eine Bankomat Kasse gibt. Nur leider war die mobile Kasse gerade mit dem Fahrer des Cateringservices unterwegs und somit für mich nicht erreichbar. Auf meine Frage, wo den der nächste Bankomat sei, meinte Herr Amon, dass es doch überhaupt kein Problem sei, wenn ich das nächste Mal zahle. Das war schon ein extrem eigenartiges Gefühl, dieses Vertrauen, welches er so in mich – seinen Kunden – setzte. Und es war mir umso mehr unangenehm, und ich bot an es zu überweisen, mich auslösen zu lassen … Und trotzdem versicherte er mir, dass es so wirklich in Ordnung für ihn wäre.
Es ist eine Wertschätzung, die leider in der Geschwindigkeit, in der wir unterwegs sind, oftmals untergeht. Außerdem sind seine Produkte großartig, nämlich die besten Kabanossi von ganz Wien (noch dazu günstiger als im Supermarkt und selbstgemacht). Er räuchert und selcht auch noch selbst. Also, was will man mehr?!