#285: Für mein Wien

Wählen zu gehen ist nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Vermächtnis aus Generationen vor mir, die für dieses Recht gekämpft haben. Vor 100 Jahren durften wir Frauen noch nicht einmal wählen! Erst 1918 wurde das allgemeine Wahlrecht für Frauen eingeführt. Ich gehe wählen, weil ich meine Stimme einsetzen möchte, als demokratisches Mittel meiner ganz persönlichen Mitbestimmung. Und aufgeregt bin ich jedes Mal, wenn die Hochrechnungen kommen und ich mithoffe, mich mitfreue oder erschüttert bin über das Ergebnis.

Heute im Wahllokal durfte ich das erste Mal seit vielen Jahren wieder einmal anstellen. Ob die Mobilisierung gelungen ist, weil der Bürger hauptsächlich über Angst motiviert worden ist, darf durchaus in den Raum gestellt werden. Weniger die Sachinhalte haben gezählt, als die Emotionalisierung vom Fremden und dem Hass gegenüber dem Fremden. Wer sich die Mühe machen würde, um die Abstimmungsverhältnisse im Wiener Parlament sich anzusehen, kann ganz schnell erkennen, wer in welcher Konstellation und Farbgebung wofür und wogegen ist. Aber das ist mühsam und bedeutet Arbeit, hingegen schnelle Sager besser ins Hirn einfahren und dort haften bleiben.

Ich gehe wählen, auch wenn ich nicht immer zufrieden bin, wenn ich weiß, dass man es besser machen muss. Ich gehe wählen, weil es meine Stimme ist, die nicht verstummen darf. Ich bin immer schon wählen gegangen und solange ich es darf – den in vielen Ländern der Welt ist es nicht selbstverständlich – werde ich wählen gehen. Ich bin ein politischer Mensch und kann mich mit voller Hingabe auf Diskussionen einlassen, die unterschiedliche Positionen mit sich bringen. Ich beende sie aber dort, wo Missgunst, Verachtung und Hass beginnt. Ich bin Wienerin und so vieles mehr. Ich habe heute für mein Wien gewählt.

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