Vor 2 Monaten ist meine Mama verstorben – unerwartet und überrollend. Die 4 Wochen davor mit Diagnose, Therapie und Hoffnung waren eine Hochschaubahn der Gefühle und ein emotionaler und körperlicher Kraftakt. Alles andere wird auf einmal unwichtig. Theoretisch habe ich mich mit Emotionen und im speziellen mit Trauer während meines Philosophie Studiums beschäftigt (bei Matthew Ratcliffe), dazu Literatur gelesen und darüber geschrieben. Der Titel meines Essays war „Nature of Grief – When „feeling with“ is overwhelming“ und während ich mich versucht habe mich in das Thema einzufühlen und sei es „nur“ als Freundin, die eine andere Freundin beim Sterben begleitet hat, habe ich geglaubt zu verstehen, was Trauer ist. Auch das philosophische Autobiographie von Denise Riley vermittelte mir einen Eindruck von Trauer eines Familienmitgliedes. Und doch ist es nur ein Gefühl, dass wieder verschwindet, ein flüchtiges Streifen von Emotionen, nichts im Vergleich mit dem was ich jetzt fühle.
Und natürlich vermisse ich meine Freundin immer noch, schätze es bei ihr gewesen sein zu dürfen. Trauere um ihren Verlust des Lebens, das sie nicht mehr hat. Dass sie nicht mehr ihre Kinder erleben darf. Der Prozess des Abschiedes hat lange vor ihrem Tod begonnen. Bei meiner Mama war das anders, sie hat bis zum vorletzten Tag daran geglaubt wieder spazierengehen zu können. Für sie war das ein Stück Freiheit.
Frei sein konnte sie dann auch mit ihrem letzten Atemzug, dass habe ich ihr gesagt. Nur ich bin gefangen, gefangen in diesem Gefühl des Verlusts und des Glücks mit ihr gewesen zu sein. Mir ist bewußt, dass es eine Momentaufnahme ist und nicht immer so sein wird. Zeit ist ein wesentlicher Faktor in unser aller Leben, sie läuft und fließt und bringt uns alltägliche Sorgen, Veränderungen und Möglichkeiten.
Und sagt ein Sprichwort nicht auch, dass Zeit alle Wunden heilt. Das Interessante an diesem Sprichwort ist, dass es so scheint, als wäre Trauer ein phänomenologischer Zustand, etwas was wir tatsächlich da ist. Nussbaum beschreibt ihren Schmerz der Trauer als würde ein Nagel in ihrem Bauch zu spüren sein, als ihre Mutter verstirbt. Bei mir war es als ob ein Stein auf meiner Brust liegen und mich erdrücken würde. Trauer ist ein komplexes Konzept der Emotionen, das weit über das Gefühl in einem Selbst hinausgeht. Es betrifft sowohl den kognitiven und physischen Prozess unseres Ichs.
Zwei Monate seitdem ich mich verabschiedet habe und doch ist sie hier bei mir in meinen Erinnerungen, in unserer Familie, in Feiertagen und in meinen Kindern.