#219: Gewalt und Philosophie

Was hat Gewalt mit Philosophie zu tun? Gewalt kämpft immer noch damit sich in seiner Begriffsdefiniton wiederzufinden. Schon alleine das scheint gewaltig gewalttätig abzulaufen. Wo noch bis in die 1960er Jahre der Fokus auf der physischen Gewalt lag, wandelte sich mit Habermas dieser Fokus, weil schlussendlich man argumentieren könnte, dass überall ums uns herum Gewalt ist. Soziale, sprachliche, politische … Gewalt findet sich in allen Medien, in Kunst und im Eltern- und Kindsein.

Sogar Sartre gibt an, dass Gewalt nicht ohne Gegenwart existiert. Somit Schuld sind sowieso immer die anderen. Und wer kennt das nicht? Nicht nur von seinen Kindern und sich selbst scheint es immer einfacher zu sein zu relativieren. Er oder sie hat angefangen und somit sollen Handlungen gerechtfertigt werden.

Eine Definition, die mich persönlich anspricht, ist die, dass Gewalt den Anderen in seiner Andersartigkeit negiert und verletzt. Wobei Andersartigkeit nicht sichtbare Andersartigkeit notwendigerweise beschreibt, wobei natürlich kann (von den großen Ohren angefangen) aber oftmals eben etwas ist, was nicht greifbar ist, was uns unterscheidet in unserer Art und Weise von dem Anderen.

Kinder sind hier besonders betroffen, einerseits in ihrer eigenen Abgrenzung zu dem Anderen und andererseits im Verletztwerden durch Worte und Sprache und Verhalten. Sie können dadurch mindestens gleichermassen verletzt werden, wie durch physische Gewalt. Wir sehen aber leider oft nur die sichtbaren Verletzungen und nicht die anderen.

#218: meine Probleme mit Kant

Ich habe ja so ein paar persönliche Befindlichkeiten mit Kant und dieses Semester ist es soweit, dass ich mich ihm stellen muss. Ich habe nämlich gleich 2 Seminare und eine Hauptvorlesung zu Kant, seiner Moralvorstellung, der praktischen Vernunft und den Kategorien inklusive. Ich mochte ihn bis dato eigentlich nicht, weil er einerseits so vertrocknet unsympathisch aussieht. Das muss man – finde ich – sagen dürfen, weil bei ihm geht es auch viel um Anschauungen und Wahrnehmungen. Ästhetik nach Kant handelte nicht von der Kunst und den schönen Dingen, sondern davon, wie wir das Subjekt anschauen und ihm dadurch Erkenntnis geben können. Und meine Erkenntnis war, dass er einfach unsympathisch rüberkommt. So null Humor und so. Er war ja auch der Meinung, dass an seine Akademie nur jemand Einlass finden darf, der Mathematik versteht.

Er spricht auch gerne über das „uns“ und meint nicht die Vielzahl von uns Individuen, sondern er meint das „transzendentale Subjekt“. Er ist kompliziert und man könnte fast meinen, dass es ihm einen Heidenspaß macht, dass wir einmal nachdenken müssen, was er den hier so damit meint. Weil schlussendlich sagt er ja auch, dass wir „üben, üben, üben müssen um zu verstehen“.

#217: Lernen lernen

Im Gymnasium hatten wir Eltern mit den Kindern bereits einen Workshop zum Lernen lernen und eigentlich ist fast zu spät. Kinder müssen bereits davor lernen, wie sie richtig lernen können. Was ihre individuellen Strategien sein können, um sich Vokabel, Grammatik und Hausaufgaben-Merken zu merken.

Für das Hausaufgaben-Merken hat sich bei uns eindeutig WhatsApp etabliert, dort erfolgt der Austausch der Nummern und zeitlichen Informationen, hingegen Lösungen werden noch mit dem Vermerk „das ist ja schummeln“ nicht verteilt. Überhaupt sind wir als Eltern sehr gefordert – wöchentliche Tests in Biologie, Englisch und Deutsch (ich werde zum Abprüf-Profi) und natürlich den täglichen Hausaufgaben. Wobei ich es schon bedenklich finde, wenn in Englisch 3 Seiten Vokabeln (inkl. ganzen Sätzen) Woche für Woche gelernt werden müssen, jedoch im Buch Seiten und sogar ein Kapitel ausgelassen wurde, da Kinder sich das „alleine“ anlernen sollen. Wie soll das funktionieren?

Heute ist wieder ein „Lernen lernen Workshop“, beim Letzten bin ich fast eingeschlafen, ob des Frontalunterrichts und den „NO-na-ned-gut-gemeinten-Ratschlägen“. Ich muss diesmal nicht dabei sein, und meine Prinzessin tut mir jetzt schon leid. Dabei wäre ein didaktisch gut aufbereite Lernstunde sicher wertvoll für die Kinder wäre, da sie mit einem Mal von der „Ei-Ei“ Volksschulwelt in die „uns-bist-du-egal“ Gymnasiumswelt fallen. Auffangen werde ich die Prinzessin alle Mal, weil der Weg zum Erwachsenwerden ist noch lange genug und muss nicht innerhalb von 6 Monaten vollzogen sein.

#216: konsi

Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich einmal als ein „Konsi“ empfinden würde, fast spiessig, wie ich ein Problem damit habe, wie manche Erwachsene sich verhalten. Natürlich sah die Familie gestern auf den Fahrrädern super aus, und ich meine so richtig cool stylish in Lederjacke, coolen Klamotten und fliegenden Haaren … Und ich weiß, dass ich wirklich blöd mit dem Fahrradhelm aussehe, trotzdem ich ein Hutgesicht (angeblich) habe. Aber ich trage einen, nicht nur weil ich ein Vorbild meinen Kindern sein will, muss und möchte, sondern auch, weil es einfach sicherer ist. Und natürlich verlange ich auch von meinen Kindern, dass sie einen Helm aufsetzen müssen, weil Kinder nun mal nicht nur nicht den Erfahrungsschatz von uns Erwachsenen im Straßenverkehr haben, sondern auch, weil sie eben kleiner, weniger sichtbar und gefährdet im Strassenverkehr sind. Und somit ist es dumm von den coolen und gut angezogenen Erwachsenen ohne Helm zu fahren, aber ihre Kinder ohne Helm mitten in Wien auf der Straße fahren zu lassen, ist dumm, überheblich und verantwortungslos.

Dagegen ist das Auspacken und Essen bzw. Trinken von nicht bezahlten Artikeln im Supermarkt natürlich kleinlich, aber ich mag es trotzdem nicht. Vor allem, wenn es solche Ausmaße annimmt, dass nicht nur ein Semmerl für den Nachwuchs gegessen lassen wird, sondern die ganze Familie nutzt den Einkauf im Supermarkt für ein mobiles Picknick.
Meine Mama hat mir immer gesagt, dass wir zuerst unsere Einkäufe bezahlen müssen, weil sie davor eben noch nicht uns gehören, und schlussendlich stimmt es. Und keines dieser Kinder oder Elternteile sieht danach aus, dass es nicht 10 Minuten warten könnte. In unseren Breitengraden sind Hungerperioden eher selten. Warten lernen und Geduld haben, ist wohl für den Nachwuchs auch nicht so verkehrt zu lernen, vor allem, da es vielleicht nur eine Kleinigkeit ist, aber wenn ich immer dieses Gefühl vermittle, dass alles sofort und gleich vorhanden ist, wird das wohl kaum passieren.

Manchmal sind es Kleinigkeiten und manchmal eben nicht, die uns zeigen, was für Werte und Einstellungen wir selbst haben. Und somit bin ich eben doch spiessig, zumindest ein bisschen manchmal.

#215: Die Wiesn

Gestern war ich das erste Mal auf der Wiener Wiesn und meine Zelterfahrungen beruhen auf diverse Zirkusbesuche und einem einmaligen Messebesuch im Linzer Land vor über 15 Jahren (und der dürfte nicht beeindruckend gewesen sein, sonst würde ich wesentlich sattelfester im Schunkeln sein).
Somit sind wir auch schon beim Schunkeln und Einsingen, Mitsingen, Nichtsingen des gestrigen Abends. Die Stimmung des Publikum steigt mit dem Alkoholkonsum und der wiederum steigt, weil die volkstümliche Ziehharmonika-Truppe zwischen jedem zweiten Lied „Ein Prosit“-Lied einfordert und prompt reagieren die Tische und prosten sich mit halb Liter Krügeln Wein oder größeren Gefäßen mit Bier zu. Überhaupt war das Intervall zu Beginn wesentlich höher als gegen Ende des Auftrittes, aber das lag wohl daran, dass sie von sich wohl nicht so überzeugt waren, dass sie eine entsprechende gruppendynamische Euphorie zusammenbringen. Sei es drum, es hat funktioniert. Selbst die nicht trachtragenden Intellektuellen (die erkennt man in der Masse der Dirndl und Lederhosen) standen dann auf den Tischen und haben die „Hände zum Himmel“ (kommt lasst uns glücklich sein).

Ich kenne da nichts, ich mache mit beim Schunkeln auch ohne entsprechende Motivationshilfen, weil schlussendlich weiß ich ja, warum ich dort bin – um Spaß zu haben. Und den hatte ich definitiv. Mit meiner Freundin J. habe ich einen Discofox (siehe Eintrag davor, wie beeindruckt ich sein kann) hingelegt, das einem die Ohren schlackern. Und ja, wir haben etwas gebraucht, weil sie halt lernen musste, wer führt – und zwar ich! Was auch einem wackeren Lederhosen-Mann aufgefallen ist, der nach 2 Drehungen aufgegeben hat „Du losst die ned führen.“ …

Über Mehrdeutigkeit braucht man auf so einem Fest nicht nachdenken.

#214: Spielplatz Daddys

Letztens am Spielplatz war ich wirklich geflashed, rundherum nur coole Papas in Baggypants, lässigen T-Shirts, wilder Pittfrisur und Ray-Bans auf der Nase. Fast Pipi in die Hose machte ich aber, als ich 2 besonders coole Exemplare auf der Bank sitzen sah, lässig das Bein übergeschlagen und miteinander plauderten über den Nachwuchs, die Jausenbox herrichteten und einfach chic aussahen, während sich der Nachwuchs sich im Rindenmulch wälzte.
„Also so schwer ist das auch nicht.“
„Stressig sowieso nicht, auf das bisl Kind aufzupassen.“
„Die Sonne ist schon herrlich heute.“
„Geh Lionel pass ein bisl auf.“

Leider habe ich nicht die erste Streiterei mitbekommen, die Schramme, das endlich gehen wollen, das doch noch dableiben müssen, das ich will jetzt was Süßes, hilf mir, hilf mir nicht, komm‘ endlich mit und höre mir zu …

Dialoge: ewig

Mama: Ich liebe dich unendlich.
PamPam: Das weiß ich eh schon ewig.
Mama: Ich muss es dir trotzdem sagen.
PamPam: Nein musst du mir nicht sagen.
Mama: Doch, weil ich das so fühle, und dann muss ich das so sagen.
PamPam: Wenn es sein muss …

#213: Bildungsstress

Bildung ist weitaus mehr als ein festzuschreibendes Ziel in einer Gesellschaft, es ist die wichtigste Möglichkeit und Chance um eine stabile Zukunft zu gewährleisten. Und für ein Land, eine Gesellschaft geht es um weitaus mehr als nur um wirtschaftliche Belange, sondern auch um die Sicherheit und Stabilität einer Demokratie.

Bildung sollte auch nicht das Machtelixier der Oberschicht und Eliten werden. Kinder sollen Freude und Spaß am Lernen haben, Werte vermittelt bekommen, die abseits von BIPs und perfekten Lebensläufen stehen.

Ich gehöre der niedrigen Prozentzahl an, denen man nachsagt, dass sie kaum Chancen auf einen höheren Bildungsabschluss haben, als ihre Eltern. Mein Vater hat einen abgeschlossenen Lehrberuf, meine Mutter noch nicht einmal das und war Zeit ihres Lebens Hilfsarbeiterin. Bildungsfern würde ich mein Elternhaus trotzdem nicht bezeichnen. Mit meinem Vater diskutierten wir über Politik, Wirtschaft und soziale Themen und oft oder fast ständig waren sie heftig und lauft.
„Ihr seid’s noch nicht da, wo ich heute bin. Wirst schon sehen, wenn du mal in meinem Alter bist …“ Meine Mutter war das ausgleichende Ventil, versuchte die Ruhe zu bewahren oder dazwischen zu schreien, dass sie das mit uns nicht mehr aushält, jeden Sonntag das Gleiche … Sie haben uns (meinem Bruder und mir) den Raum gelassen, zu lernen, selbst zu erfahren, kritisch zu sein.
Insofern stimmt es, dass Bildung im Familienverbund beginnt und gestärkt werden muss. Aber es darf auch nicht dazu führen, dass der Druck auf Kinder so enorm ist, dass Kinder nur noch funktionieren dürfen – zu einem Abziehbild ihrer überengagierten Eltern werden.

Wie schon unzählig oft gefordert, muss das Bildungssystem verändert werden. Ein System, dass noch mit schulfreien Tagen aus dem 19 Jahrhundert brilliert (Dienstag nach Pfingsten und Ostern ist deswegen frei, weil früher Lehrer in den Kirchen Orgelspielen mussten und man ihnen somit einen freien Tag zur Verfügung stellte), ist doch mehr als hinterfragungswürdig, vor allem, wo wir im 21 Jahrhundert angekommen sind.

Nur WARUM lässt sich dieses System nicht ändern, daran scheitere ich in meiner Vorstellung, vor allem wenn ALLE (Politik, Eltern, Experten, Nicht-Experten, Lehrer, Schüler, …) es wollen.

#212: Ethik lebbar machen

Zur Zeit beschäftige ich mich intensiv mit Ethik, sei es mit Unternehmensethik, Führungsstilen oder dem guten Leben, aus dem sich Bewegungen, wie Degrowth, entwickelt haben. Ich lese viel, versuche Verbindungen herzustellen zwischen Philosophen von damals und heute. Und dann sehe ich mir die Nachrichten an … Flüchtlingsdiskussionen, IS-Miliz, Flüchtlingsdramen, Luftangriffe und parlamentarische Diskussionen zur Flüchtlingssituation. Dazwischen findet sich vielleicht einmal Ebola, Wirtschaftspgrognosen, Börsengänge und Klimagipfel.

Was hat sich tatsächlich zu den Kriegen von früher verändert? Nur die Mittel und Möglichkeiten? Wollen wirklich nur so wenige die Welt zu einem besseren Leben verändern, dass es unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet?

Die Phantasien, die Philosophinnen wie M. Nussbaum, verfolgen, sind faszinierend. Voller Hoffnung auf das, was im Menschen für Möglichkeiten stecken, gleich Aristoteles, auf den referenziert wird. Und doch, wenn ich dann die Nachrichten einschalte, dann kommen in mir so viele Zweifel hoch, was umsetzbar ist, ob es lebbar ist, und und und.

#211: Führungstheorien 2

Kontingenz Theorien
Kontingenz Theorien fokussieren auf die Variablen die sich in der Umwelt wiederfinden und somit den besten Führungsstil für die entsprechende Situation festlegen wollen.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser Theorie ist, dass es nicht den „einen“ Führungsstil gibt, sondern jeweilig angepasst werden muss, an die Situationen, Umweltbedingungen und Relationen in dieser Umwelt.

Der Erfolg von Führung liegt im Erkennen der Variablen, welche bei den Mitarbeitern und deren Qualitäten wie auch den jeweiligen Aspekten der Situationsumgebung liegen.

Die Gefahr besteht darin, dass man heute „hü“ und morgen „hott“ sagt. Die Herausforderung liegt darin, vertrauens- und glaubwürdig zu sein, das viel zitierte Schlagwort der Authentizität kommt hier zum Tragen. Wir vergessen viel zu oft, dass Vertrauen in eine Führungskraft und von der Führungskraft in seine Mitarbeiter der Schlüssel ist.