Archiv des Autors: Biegenzahn

#326: Der Feind in meinem Kopf

Heute war ich mit meinem Junior am Mexikoplatz um nach einen Finger Spinner Ausschau zu halten. Der Mexikoplatz war schon seit jeher der Umschlagplatz für die Sachen, die es sonst nirgendwo gibt oder die es sonst nirgendwo um den Preis gibt. Und Finger Spinner sind jetzt Frühjahr 2017 das Spielzeug, das irgendwie jeder haben will. Da sogar die Therapeutinnen unserer Aspergergruppe von diesem Spielzeug schwärmen, habe ich sogar ein gutes Gefühl mich auf die Jagd nach dem ausverkauften Spielzeug zu machen.

Somit waren wir heute am Mexikoplatz beim Lauf und Kauf und haben dort Spinner (ja mehrere, damit sich die Prinzessin nicht benachteiligt fühlt, weil selbst mit 13 Jahren ist man für Trends nie zu alt) erstanden. Aber eigentlich geht es bei meiner Story gar nicht um die Spinner oder den Mexikoplatz, sondern darum, dass mein Junior mich beim Verlassen des Geschäfts gefragt hat, ob das Türken wären, die dieses Geschäft betreiben. Auf meine Frage, wie er darauf kommt und ob das einen Unterschied machen würde, meinte er nur, nein, er fand den jungen Mann total nett und er nur wissen wollte, ob das ein Türke gewesen sein könnte. Ich sagt ja, dass es schon möglich ist. Aber sicher weiß ich es natürlich nicht, da ich ihn nicht gefragt hätte.
Mein Sohn meinte dann nur, dass für M. und F. (zwei Burschen in seiner Klasse) die Türken ihre Feinde wären.

Ich denke, dass er sich Feinde einfach anders vorgestellt hat, was mich einerseits sprachlos machte. Wie erklärt man einem 7jährigen die Worte Toleranz, Respekt und dass wir hier in Wien keine Angst vor Feinden haben müssen. Vielleicht davor, dass der Feind in den Köpfen vieler zu real wird und die Angst mit den Schlagworten unserer Eltern, Großeltern, Nachbarn oder der Kronenzeitung hausieren geht.

#325: Magersucht

Dieses Wochenende erzählte mir meine 13 jährige Tochter, dass eine Schulfreundin aus der Volksschule letztes Jahr im Spital lag. Mit 12 Jahren mußte sie für ein Monat in ein Krankenhaus, da sie an Magersucht leidet. Ich kenne dieses Mädchen und es war eigentlich immer recht dünn, groß und schlaksig und bei weitem davon entfernt gewesen „dick“ zu werden. Beim letztjährigen Sommerfest der Volksschule, wo sich die Ehemaligen getroffen haben, war schon zu erkennen, dass vor allem die Mädchen einen Schritt in Richtung junge Frau zu unternehmen versuchten. Die ersten Schminkversuche, Haarstylings oder extravaganten Fashion-Statements riefen den anderen Kindern zu, seht mich an, ich bin kein Volksschulkind mehr, sondern so jugendlich cool.

Aber ich gebe zu, dass ich trotzdem nicht im Entferntesten daran gedacht hätte, dass so junge Mädchen schon einen Magenwahn entwickeln würden. Für mich war das eher ein Thema ab 15/16 und eben noch älter. Heute leidet jedes dritte Mädchen schon unter Magersucht, ein erschreckendes Phänomen, da ich ganz viele Freundinnen meine Tochter kenne und wenn ich hier beginne durchzuzählen …

Und ich darf mein Mädchen nicht vergessen. Mein Glück ist, dass sie zum Beispiel die Klums-Shows dieser Welt nicht ansieht, noch nie, und nicht, dass ich den Klums dieser Welt die Schuld gebe, jedoch sind die Spiele um Schlankheit um jeden Preis, wie die Tribute von Panem, die mit der besten Show wird gewinnen. Trotzdem ist sie, wie auch die anderen, mit ständigen neuen besseren Ernährungskonzepten konfrontiert. Detox da, Veganismus hier, Zucker pfui, Low Carb hui, um nur einige der Themen zu nennen.

Gerade durch dieses Extrembeispiel haben wir bewußt versucht über das Schlanksein zu reden, und warum frisches, gesundes Essen wichtig ist, aber auch wie wunderbar Schokolade, Eis oder Chips sind. Das Gute ist, dass meine Prinzessin Essen genießt und sie es nicht verstehen kann, wie man nicht mehr essen will. So hat ihr ihre Freundin zurückgeschrieben, dass sie zwar wieder zu Hause ist, aber das mit dem Essen ist nicht so einfach, weil sie es nicht gewöhnt ist.

Wir als Erwachsene sind viel zu oft ein negatives Vorbild, indem wir die x-te Diät machen, nicht zuhören und vielleicht es auch nicht ernst nehmen, wenn vom perfekten Körper gesprochen wird. Was ist schon perfekt? Und da hilft es auch nicht zu sagen, dass es einmal die Rubensfrauen waren. Heute ist eben heute und da geht es um den Abstand zwischen den Oberschenkeln, dem flachen Bauch, den festen Brüsten und so weiter und so fort.

Ich stelle mich manchmal nackt neben meine Tochter und zeige ihr, wo ich mich auch nicht so besonders mag, aber dass die Natur nun einmal in Absprache mit meinen Essgewohnheiten sich dazu entschlossen hat (klug von mir die Verantwortung auszulagern *grins*) eben ein Bäuchlein zu bilden, Dellen in den Oberschenkeln zu haben oder Winkeärmel vorweisen zu können. Und ich hoffe, dass meine Prinzessin das Essen mehr liebt, als den Schlankwahnsinn.

#324: gefühlt, ein Schritt vor und zwei Schritte retour

Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass man sich darüber freuen kann, wenn das eigene Kind „anders“ ist, und weiß ich wie oft schon gehört, dass ich mich darüber freuen kann, dass dem Kind seine „Austicker“ in ihrer gesamten Kraft „nur“ bei mir erfolgen.

Rein logisch gesehen und rational gedacht, kann ich diesen Aussagen natürlich zustimmen, und trotzdem bin ich eben nun einmal mehr als nur der pure Verstand. Dann bin ich einfach traurig und wütend zu gleich, fühle mich hoffnungslos und sehe nur die Schritte retour und nicht das, was wir schon erreicht haben. Und ich sage ganz bewußt wir, natürlich ist es das Kind, dass lernt und sich bemüht und sich durch unsere gesellschaftlichen Normen kämpft. Aber es sind wir Eltern, die es begleiten, ihm diese bedingungslose Liebe geben, damit Kind eben Kind sein kann.

Diese Kraft aufzubringen, um immer wieder den nächsten Schritt zu gehen, oder neue Schritte zu überlegen, weil es nun einmal so ist, dass Gesetzmäßigkeiten nicht linear verlaufen müssen. Gestern war so ein Schritt zurück und das nur, weil mein Junior sich nicht die Nägel schneiden lassen wollte. Sonntags ist immer ein schlechter Moment und das wissen wir, aber da er erstmals auf ein Pfadfinderlager gefahren ist, wollte er nicht davor dieses unangenehme Gefühl von kurzen Nägeln spüren. Somit war alles anders, anders in seinen Abläufen, anders in seinem Rahmen.

In vielen Ratgebern findet man, dass es nicht sinnvoll ist, die Eskalation nochmals zu besprechen. Das stimmt in unserem Fall definitiv nicht. Es geht auch nicht darum, etwas aufzuwärmen oder Schuldzuweisungen zu zu schieben, sondern vielmehr darum logische Schlussfolgerungen zu finden, um aus diesen zu lernen, und zwar beidseitig.

#323: #schulreform

Ich habe mir gerade die Mühe gemacht die Eckpunkte zur Schulreform 2016/17 nachzulesen. Das ist alles nur keine wirkliche Reform. Ich empfehle den entsprechenden Arbeitsgruppen sich mit dem Begriff der Reform zu beschäftigen, bevor sie dieses Wort in den Mund nehmen.

Die Reform soll eine bewusste und gewollte Veränderung im sozialen Kontext darstellen. Diese können durchaus schnell und auch radikal (!) sein, ohne jedoch gewaltsam zu werden. Die Erreichung erfolgt durch den Konsens.

So bevor ich weiter erkläre: Ein Konsens ist NICHT der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich einigt. Im Gegensatz zu den Punkten des jetzigen „Papierls“.
Der Konsens ist eine Einigung, die im Einklang erfolgt, dh. sie dient dazu das Optimum zu erreichen, ohne dabei das Gesicht zu verlieren. Dh. es tut niemanden weh, weil es darum geht ein gemeinsames Ziel zu erreichen.

In einer Schulreform geht es um die Schule und somit um die Schüler, nicht um die Lehrer oder die Direktoren. Die Schüler werden in diesem Papierl aber wenig betrachtet. Was wollen wir für unsere Kinder und was wollen unsere Kinder (vor allem die Älteren) für sich. In der Popper Schule dürfen die Schüler selbstständig Fächer abwählen, welche eben nicht so interessant sind. Warum sollte dies eigentlich erst in der Oberstufe passieren dürfen?

Mein Sohn, 7, liebt Textrechnungen und löst diese mit einer Leidenschaft, 5 Rechnungen untereinander geschrieben sind im ein Greul. Bei dem einen Lehrer wäre eine Niete im Rechnen, bei dem anderen nicht. Die Schulreform muss sich damit auseinandersetzen, wie Bildung zu kritischem Denken und Leidenschaft für das Tun werden kann.

Das jetzige Papierl ist ein typisches Re-Organisations-Papier und das ist geduldig, wie viele aus großen Unternehmen wissen. Die Verantwortung wird in die Hände von Direktoren gelegt (zum Teil), ohne ein Zusammenspiel von Schülern, Lehrern und Eltern in Betracht zu ziehen.

Aber Hauptsache, es gibt jetzt stärkeres WLAN in der Schule. (Digitales Zeitalter wir kommen)

#322: Der echte Wiener kommt aus über der Donau

Heute beim Vogelbauer, einem Heurigen mit Bier in Donaustadt, habe ich heute Abend echte Wiener getroffen. Freitagabend treffen sich regelmässig ein paar Herren auf ein paar Bier und anschließend Weiße 8terln beim ansässigen Heurigen in der Donaustadt. Man kann gar nicht weghören, wenn die Herren miteinander reden, weil es einerseits sehr laut und andererseits mehr als unterhaltsam ist.

Jegliches Unterhaltungsfernsehen, Kabarett kann weder die Sprache noch die Themen nachempfinden, die ich mithören konnte. Ganz gleich, ob es darum ging, dass der Prohaska findet, dass der F. ein Trottel ist, weil er sich mit Trotteln trifft, oder man gleich mal vornweg zum „Motschkern“ (Bitchen in neuer Sprache 2017.2.0 oder bekannt auch als Suddern oder Stänkern …) anfangen mußte, weil der Wirt den Gast ignorierte, als er ein Krügerl Bier bestellte. Die Herren bestehend aus 3 Männern, teilte sich auf in Einen, der immer kalmieren wollte und entweder A oder B nachredete, A der immer alles besser wußte und B, der A immer sagte, dass er falsch liegt und eh nix weiß.

Höhepunkte waren wohl immer, wenn B in voller Lautstärke „klein“ beigab, weil es eh keinen Sinn macht mit dem Trottel von A zu Diskutieren und A sowieso immer gegen alles war, was B sagte. Ich glaube, dass ist auch einer der Gründe, warum A ein Smartphone mit Google nutzte, um B zu widerlegen. (Was eigentlich wenig funktionierte.)

Großartig für uns wurde es, als wir in die Diskussion hineinbezogen wurden, wie es um die Monarchie ging. Wer sich jetzt wann und wo umbrachte bzw. umgebracht wurde. Ich hatte es ja gut als Donaustädterin, wobei eine Differenzierung in Kagranerin, Stadlauerin usw. durchaus sinnvoll gewesen wäre, aber beim T. wurde es schwieriger, weil er aus Favoriten kam und eiskalt als zurgraster Ziegelböhm heuabqualifiziert wurde. Aber man hoffe, dass er wenigstens eine böhmische Großmutter habe.

Auch die Diskussionen über die Kochqualitäten oder Rezepte zeigten den Wiener Ursprung, nämlich, ob jetzt ein Erdäpfelgulasch mit doppelt geräucherter Dürre (die ja eh nur mehr der Prolet ißt) oder mit Bärenhäutl gemacht werden darf. Oder wie es mit dem Köch aussieht. All‘ diese Mahlzeiten ißt ja nur der einfache Mann, weil wir Jungen, falls es jemand nicht weiß, ißt hauptsächlich Fisch und solche Sachen. (So viel zum Thema Vorurteile)
Auch das Internet ist eigentlich (ja der Sprung war auch für mich herausfordernd) nur für die Jungen, weil wie soll der Pensionist noch mit Firmen kommunizieren, außer sie anzurufen, wenn man kein Internetz hat.

Ich war mir aber 100 Prozent sicher, dass ich es mit wirklichen und echten Wienern zu tun hatte, als sie vom Ferdl sprachen. Weil den Ferdl kenne ich nur vom Wiener und seinen Erzählungen. Und in den Erzählungen der 3 Herren war der Ferdl zwar schon weit über 70, aber hatte immer noch seine „Hasn“ am Laufen.

#321: Toskana 2016 es geht weiter

Eine Herausforderung war für mich die Fahrt quer durch die Chiantiregion. …

Jetzt habe ich erst gesehen, dass ich Mitten im Satz aufgehört habe zu schreiben und den Blogbeitrag veröffentlicht hatte. Daher kommt hier der zweite Teil der Reise. Die Chiantiregion war deswegen eine Herausforderung, da ich schon seit Kindheitstagen eine „Mir-wird-übel-Mitfahrerin“ bin. Die Serpentinen haben zwar den Nachteil, dass mir schlecht wird, aber man kann so langsam fahren und stehenbleiben, damit ich die Aussicht sehr geniessen konnte. Mitten im Nichts stand dann auch ein kleines Restaurant, wo es perfektes Schwein mit Salbei gab und auch die Gnocchi selbstgemacht waren. Von dort ging es dann auch weiter in Richtung Montevarchi und Arezzo.

Übernachtet haben wir in der Antica La Tabaccaia, einer ehemaligen Fabrik für Tabakwaren. Im Haupthaus wurde der Tabak getrocknet. Der Bau ist wirklich faszinierend und auch die Anlage sehr schön. Natürlich waren in Montevarchi im Prada Outlet, und haben nichts gekauft. In jedem Outlet, wo es Prada gibt (Mc Arthur Glen zB.) zahlt man genausoviel oder wenig.

Was uns aber wirklich begeistert hat war Arezzo. Eine mehr als beeindruckende Stadt, dessen Patrizierhäuser und Kirchen Geschichte pur vermitteln. Und wer Benignis „Das Leben ist schön“ gesehen hat, erkennt vielleicht die Piazza Grande aus Arezzo wieder. Dem Jr. hat die Kathedrale begeistert, da neben einem Papststab auch ein Ritterschwert zu sehen war. Der Hauptaltar ist aus feinstem Marmor und lädt zum Entdecken ein.

Neben Arezzo war dann das Le Fornaci, der ausschlaggebende Grund, dass wir im Herbst nochmals in die Toskana gefahren sind. Im Le Fornaci bei Laterina gibt es neben Unterkünften eine Vineria, geführt von Claudio und Luisa, die bodenständiges sensationelles Essen anbietet und Weine in mindestens ebenso guter Qualität. Claudio und Luisa waren einfach wunderbare warmherzige Gastgeber, die Spaß daran haben, den Menschen Wein und Essen und die Toskana näherzubringen. Ein wunderbares Fleckchen Italien, welches wir dann gleich 3 Monate später wieder besucht haben. Nämlich gleich für eine Woche vor Ort, damit wir eben die Weine verkosten können, ohne mit dem Auto fahren zu müssen.

Ich freue mich schon auf 2017 und meinen Italien-Faible, wobei ich mich langsam frage, wie und vor allem wann ich Sizilien und Toskana heuer unterbringen werde.

#320: Reisebericht Toskana 2016

Ich habe das Glück, dass ich als freiberuflich Schaffende mein Büro immer mit mir habe. Laptop zum Schreiben, Telefon für Konferenzen und Meetings oder Coachings. Und somit kam nach Sardinien noch 6 Tage Toskana dran. So ganz spontan und ohne große Vorplanung. Manchmal buchte ich noch zu Mittag eine Übernachtung für den selbigen Tag.

Der Weg retour aus Sardinien führte uns nicht über Livorno, sondern über den Piombino, welches etwas südlicher liegt – nur 40 Minuten Autofahrtzeit – aber dafür um 2 Stunden kürzer in der Überfahrt dauerte. Auch ist das Schiff kleiner und die Verlade- bzw. Ausladezeit ist wesentlich angenehmer. Von Piombino ging es dann einmal in die Gegend von Volterra, wo wir in einem Kloster „Il monastero“ in San Dalmazio uns untergebracht haben. San Dalmazio is in der Nähe von Pomerance und wenn man durch diese Gegend der Toskana fährt, dann sieht man viele geothermische Kraftwerke, die imposant auf den Hügel der Toskana weilen. In San Dalmazio angekommen, gibt es eine Kirche, zwei Wirten, einen kleinen verwinkelten Ortskern und eben das ehemalige Kloster. Das Kloster bietet kleine Wohneinheiten mit Küche an, somit könnte man sich auch selbst verköstigen. Die notwendigen Kleinigkeiten findet man beim Wirten oder man fährt in die nächst‘ größere Stadt. Wir haben es bevorzugt das Dorfgasthaus zu besuchen, sowohl für den Kaffee am Morgen, als auch für das Abendessen am Abend. Am Morgen fahren schon ab 6 Uhr kleine motorisierte Laster (3-Räder) oder Fiat Pandas den Dorfwirt an, um schnell einen Kaffee zu trinken. Die Mutter des Betreibers bestückt die Vitrine mit dem besten Tiramisu, welches ich bisher gegessen habe. Mein Sohn, welcher eher komplizierter ist, hat nach dem erfolgreichen Verkosten am Vorabend, zum Frühstück schon seine 2 – 3 Tiramisu bekommen. Und man kann es vergessen einer Nonna oder einem älteren Italiener zu erklären, dass es nicht sehr nahrhaft ist. Abend sind wir dann bei ihm gesessen und haben ausgezeichnete Hausmannskost mit noch besseren Rotwein genossen.

Ein persönlich schöne Erinnerung war der Besuch von Volterra und einem Geschäft, welches auch schon vor 13 Jahren gegeben hat. Damals habe ich mit meiner Freundin Jasmin in dem Geschäft mein erstes Freundschaftsarmband bekommen, welches ich auch heute noch habe. Bestehendes bleibt. Danke Jasmin!

Die Toskana bietet einfach wunderbare Orte und wenn auch San Gimignano mit seinen Geschlechtertürmen unter Tags mit Touristen geflutet war, so ist ein Besuch am Abend oder in der Herbstzeit ratsam, um diese Machtdemonstration auch architektonisch sehen zu können. Die Geschlechtertürme waren die baulichen männlichen Intimsteile, um zu zeigen, wer den Längeren und Größeren habe.

Zwei Kinder zu beschäftigen, die nicht nur durch das Geschlecht andere Interessen haben, sondern vor allem durch das pubertäre Alter zu Nepochanten (Wienerisch für Ahnungslos) mutieren, können eine Herausforderung darstellen. Der Sohn interessiert sich sowieso für jede Kirche, Türme und alte Steine und die Prinzessin freut sich mittlerweile darauf neben einem Cappuccino Snapchat, Instagram und Co mit Selfies und Nicht-Selfies zu frönen. Also auch hier bietet unser Urlaub für beide etwas.

#319: Gefühle mal anders

In den letzten Monaten habe ich viel gelernt über die Welt meines Sohnes, aber auch über meine Welt und dem, was für uns so selbstverständlich ist.

Hat man ein Kind, dass die Welt anders wahrnimmt, dann versucht man oft dem Kind die „normale“ Welt überzustülpen. So funktioniert sie nun einmal da draussen. So fällt man weniger auf und ist ein Teil der Gesellschaft. Ich weiß noch, wie oft ich gebetsmühlenartig versucht habe, ihm zu erklären, dass gewisse Dinge nun einmal so laufen müssen, wie sie laufen. Rede mit jemanden, wenn du etwas willst oder brauchst. Sei freundlich. Nein Handschuhe im Sommer zieht man nicht an. Es kommt die Winterzeit und es wird kalt, du mußt ein Unterleiberl anziehen.

Überhaupt rede ich sehr viel und erkläre ihm alles, oftmals bis ins kleinste Detail. Wo die Unterschiede liegen zwischen Begriffen, die für ihn qualitativ noch keinen Unterschied erkennen lassen. Als er noch klein war, sagt mir eine Ärztin einmal ich rede zu viel, da er meine Sprache nicht spricht. Ich denke, dass sie recht hatte, was die Sprache betraf, aber nicht mit dem Reden. Als wir in der Soko-Gruppe (Sozialkompetenzgruppe) die Aufgabe bekamen ein Spiel zu spielen, wo es um Gefühle ging, die darzustellen und zu beschreiben sind, war eines offensichtlich. Mein Jr. kann Gefühle großartig und detailliert beschreiben und auch in welchen Situationen sie vorkommen, aber vor allem die negativen Gefühle, wie Ärger, Wut, Zorn sehen für ihn persönlich nicht nur gleich aus, sondern fühlen sich auch gleich an und können nicht differenziert werden. Positive Gefühle werden kaum wahrgenommen, wobei es nicht so ist, dass es diese nicht gibt, aber ich habe manchmal das Gefühl, dass er diesen Gefühlen misstraut und sie nicht greifen und fassen kann.

Als wir uns im Kino „Alles steht Kopf“ angesehen haben, hat ihm der Film irrsinnig gut gefallen, es war fast so, als ob ihm ein Licht aufgegangen wäre, es war auch das erste Mal, dass er sich selbst als hauptsächlich „rot“ und ab und zu grünen Lichtblitzen beschrieben hat. Wut, Ärger und Zorn werden nach aussen hin sichtbar und erlebbar werden, ganz gleich, ob ich jemanden anschreie, etwas kaputtmache oder ihn körperlich „angreife“. Das Spüren der Emotion wird erlebbar. Glück, Freude und Liebe sind zart, verletzlich und nicht immer greifbar. Deswegen ist es umso schöner, wenn mein Sohn sich auf meinen Schoß setzt und zaghaft seine Hand in Richtung Hals bewegt, um dort liegen zu bleiben. Manchmal wird die Hand auch gedreht, damit jede Seite meine Haut berühren kann.

Heute verstehe ich die Welt anders.

#318: Gelassenheit

Am 13. 02. 2017 habe ich einen ausgezeichneten Radiobeitrag auf Ö1 gehört, der sich mit dem Thema Gelassenheit beschäftigt hat und versucht nicht nur eine Abgrenzung zur Gleichgültigkeit zu skizzieren, sondern auch aufzeigt, wie sehr wir im Heute damit beschäftigt sind, gelassen zu sein. Diese Sehnsucht nach einer anderen Haltung zu sich selbst und zur Welt ist omnipräsent.

In der Philosophie findet sich die Gelassenheit in sich selbst und doch können wir anscheinend viel zu selten darauf zugreifen. Wir sind getrieben, getrieben optimal zu funktionieren und zwar schon lange nicht mehr nur durch unser berufliches Umfeld, sondern vor allem durch äußere Werte, die Menschen wie Ersatzreligionen und Ersatzwerte vor sich hertragen.

Dabei geht es viel mehr um ein Loslassen und ein Emanzipieren von festgefahrenen Bildern und Vorstellungen. Nietzsche sieht in der Gelassenheit die Fähigkeit, dass der Mensch sich selbst Werte setzen kann. Aber wo finden wir unsere Bezugssysteme? Ich habe oftmals das Gefühl, dass kleine Dinge auf einmal wahnsinnig groß werden.

Noch gesünder essen, noch gesünder leben, noch dünner werden. Wir fokussieren uns auf die Kindererziehung und tun noch mehr, besser, gesünder und planen unser Leben rund um die Verwirklichung des optimalen kleinen Menschen. Fürchten uns vor den anderen und folgen Verschwörungstheorien oder nennen sie alternative Realitäten.

Ich mag diesem Denken nicht folgen. Ich kann Heidegger durchaus zustimmen, dass Denken in rechnendes und besinnliches Denken unterteilt werden kann. Während rechnendes Denken von einer Chance zur Nächsten hetzt und nie still steht und sich selbst als auch den Denkenden „ver“waltet, so ist das besinnliche Denken von Reife gekennzeichnet und wesentlich anstrengender. Wir benötigen beide Arten des Denken, damit wir alltagstauglich sind.

Aber ich bemerke, dass ich mich heute ungleich mehr darüber ärgere, dass immer mehr Menschen sich nur mehr im Denken hetzen, als ich es früher getan habe. Werde ich alt? Vielleicht intoleranter?!

Gelassener zu leben ist in einer Gesellschaft, die sich ständig zu optimieren versucht, nicht einfach.

Natürlich will ich gesund leben, aber auch be-sinnlich.
Ich will eine gute Mutter sein und scheitere sowieso schon an meinem eigenen inneren Perfektionismus, daher sich selbst zu besinnen ist wesentlich wichtiger, als dem Mittel der anderen zu folgen.
In der beruflichen Welt will ich mein Bestes geben, ohne Angst und Druck, fast aussichtslos, wenn ich um mich herum schaue.
Und dann ist da noch die Familie und der innere Freundeskreis und ich traue mich zu sagen, dass ich hier gelassen sein kann. Durchaus anstrengend und nie einfach, um dann in seinem Nachdenken für/um/mit sie/ihnen eine Leichtigkeit zu haben, die von Gelassenheit nur so durchströmt ist.

#317: Willst du eine Banane?

Wer, wie ich in den 1980er groß geworden ist, kennt wohl dieses Lied. Willst du eine Banane? Na, Na, Na i wü kane …

Bananen sind bei uns zu Hause auch ein heikles Thema. Sie symbolisieren die andere Welt meines Sohnes, da er Bananen haßt. Und ich meine hassen. Nicht nicht wollen, oder schmeckt nicht, sondern alleine das Wissen, dass jemand von uns eine Banane angegriffen hat, erschüttert seine Welt. Wir dürfen dann nicht ihn angreifen, noch seine Sachen und er muss sehen, dass wir mit v i e l Seife unsere Hände gewaschen haben. Es geht nicht um den Geruch oder Geschmack – er hat nämlich noch nie eine Banane gekostet, vielmehr ist es dieses pelzige Gefühl einer geschälten Banane, die seine Komfortzone durchbricht.

Obwohl ich das Gefühl und die Struktur von geschälten Bananen auch nicht besonders gerne mag (daher versteh ich dieses Unbehagen), esse ich sie aber – vor allem grün – sehr gerne, daher möchte ich nicht darauf verzichten. Zu Beginn verstand ich nicht, was das Problem von meinem Jr. war, weil es ist ja nur Essen und man kann dieses komische Gefühl auf den Händen leicht verschwinden lassen, aber für Kinder mit einer anderen Wahrnehmung ihrer Umwelt, welche oftmals viel stärker ausgeprägt ist, als das, was wir langläufig als normal kennen, sind Stofflichkeiten, Gerüche oder Lautstärken wie riesige Hürden, die kaum zu überwinden scheinen.

Deswegen sind auch die Essgewohnheiten oftmals sehr eingeschränkt, nach Geschmäckern oder durchaus auch Farben. So präferiert mein Kind Nudeln ohne Sauce oder mit Eiern, obwohl ihm eine al Ragu, durchaus schmeckt, aber er ißt sie einfach weniger, weil es ihm angenehmer ist.

Vieles ist ein Ausprobieren mit der Gefahr von ein paar kleineren oder größeren Explosionen, aber es bringt ihn und vor allem auch mich weiter. Ich esse meine Bananen heimlich oder habe sonst immer sehr gewaschene und saubere Hände.