Archiv für den Monat: Oktober 2017

#336: Großmutter

In meiner Erinnerung war meine Großmutter immer eine Dame. Sie trug nicht nur ihre Handschuhe abgestimmt auf Hut und Tasche, ihre Schuhe und ihre Kleider waren immer in Perfektion auf einander abgestimmt. Als meine Großmutter starb, verlor ich einen der wichtigsten Menschen in meinem Leben, nicht nur, weil sie meine Großmutter war, sondern so viel mehr.

Aber darum geht es mir jetzt gar nicht. Als ich meinen Vater um die Geburtsurkunde meiner Großmutter bat, da ich mit meinem Bruder Familiengeschichte schnuppern wollte, fiel mir auch die Geburtsurkunde ihrer Tochter Ingrid in die Hand. Ich wußte zwar, dass unser Vater noch eine unbekannte Schwester hatte, aber nie wirklich mehr. Meine Oma hat nie über sie gesprochen und ich erfuhr erst nach ihrem Tod von diesem Mädchen. Es hieß, dass sie sie zur Adoption freigegeben hatte, da meine Großmutter als geflüchtete Sudetendeutsche, selbst noch jung und neu in einer ihr unbekannten Stadt nicht in der Lage war ein Kind groß zu ziehen. Jetzt beim Stöbern durch die alten Dokumente, die alleine durch ihr verblichenes Papier und die schöne geschwungenen Handschriften schon zum Erzählen verleiten, stieß ich auf einen kleinen A5 Zettel und einer Heiratsbestätigung zwischen dem Kindesvater von Ingrid und meiner Großmutter.

Nicht einmal mein Vater wußte davon und ihm ist dieser kleine Zettel auch nie aufgefallen, so winzig und klein und doch so bedeutsam. Für uns Frauen ist es heutzutage nicht vorstellbar, dass der Mann es erlauben musste, dass eine Frau arbeitete oder gar wirtschaftlich eigenmächtig handeln konnte, zu der damaligen Zeit war es so. Und auch bei Trennungen bzw. Scheidungen lag das Machtverhältnis oft so, dass der Vater der Mutter das Kind entziehen konnte. Ohne meine Großmutter idealisieren zu wollen, weiß ich gerade durch die Erzählungen meines Vaters und auch Onkels, wie sehr sie immer um ihre Kinder gekämpft hatte, alles zu ihrem Wohl (ob manchmal gut oder schlecht) tat und sie somit gar keine Wahl hatte, als ihr Kind zu verlieren.

Leider hat sie selbst nie darüber gesprochen, vielleicht aus Angst darüber verurteilt zu werden. Oder auch aus Angst vor den Schuldgefühlen, dem Verlust der verlorenen Jahre und der Erinnerungen. Wir leisten es uns heute zu klagen, wie schlecht es uns heute geht und in welcher Welt wir heute leben. Ich denke, dass wir leider viel zu oft vergessen, dass es noch keine 100 Jahre her ist, dass Frauen keine bis wenige Recht besassen und sich unsere Welt in einer unsicheren Zeit befand.

#335: fehlende Inhalte

Am 15.10 entscheiden wir Österreicher über die Zukunft unserer nächsten Regierung. Ich versuche bewußt nicht zu sagen, dass wir über die Zukunft unseres Landes entscheiden, da es unsere Demokratie in Frage stellen würde. In Österreich wählt Mann und Frau alle 5 Jahre und somit haben wir alle 5 Jahre die Möglichkeit unsere Entscheidungen zu überdenken und zu korrigieren, wenn es notwendig erscheint. Dieser Absolutismus der in der medialen Berichterstattung herrscht, ist schon sehr erschreckend und vermittelt mir das Gefühl einer Selbstinszenierung, die jedoch völlig alle Sach- und Fachthemen ausklammern.

Ähnlich den Facebook und Instagram Profilen der Generation Y und Z, während die einen noch nach ihrem Sinn suchen und dies jedem mitteilen wollen (wie glücklich sie nicht in dieser unglücklichen Welt sind), so sind die anderen süchtig nach den dopamimausschüttenden Likes ihrer Accounts. Ein Sittenbild spiegelt der derzeitige Wahlkampf der Großparteien wieder.

Inhalte suche ich vergeblich und wenn dann werden sie mit anderen Themen überlagert, die nur auf Angst und Hemmnisse abzielen. Und Themen haben wir viele.

Und natürlich sorge ich mich, was die nächsten 5 Jahre für mich, meine Kinder und auch die Gesellschaft bringen werden. Angst habe ich trotzdem nicht. Auch diese 5 Jahre werden vergehen und uns lehren was Demokratie bedeutet.
Und die Globalisierung und ihre Effekte werden nicht vor der Grenze Österreichs stehen bleiben mit den Worten „Du kummst da nicht rein.“, auch wenn uns das Manche glauben lassen. Und Globalisierung hat nicht nur Auswirkungen auf die Wirtschaft, Ökologie und Gesellschaftsstruktur, sie zeigt die Ungleichheit und obwohl es uns besser geht denn je, sehen eben alle anderen auch, wie gut es uns geht. Wir sind alle reicher und gesünder und doch … die Kehrseite zeigt ihre hässliche Fratze in der Form von Korruption, Populismus, Landflucht, Wirtschaftskrisen und Immobilienkrisen …
Und auch andere Themen wie die Digitalisierung, die mit der Globalisierung einhergeht, ist ein immanent drängendes Thema.

Gesundheit, Bildung, Wohnen und gesellschaftliche Veränderungen und Trends sind ausgeblendet und verdrängt von Themen wie Lug und Betrug. Lug in Form von Fakeseiten, wie die Wahrheit über, Unzensuriert, die Fans von oder dem Spätzünder oder der Betrug vom Flüchtling, dem Nicht-Leistungswilligen (ganz gleich warum), dem Betrüger am sozialen System.

Am 15.10. werde ich wie bei jeder Wahl um 17 Uhr vor dem Fernseher sitzen und darauf hoffen, dass viele ÖsterreicherInnen ihre Wahlmöglichkeit wahrgenommen haben. Auf mehr kann und will ich gar nicht spekulieren. Da Demokratie nun einmal die Herrschaft des Volkes bedeutet.