Gestern hat mir mein Sohn erstmals genauer geschildert, was er unter seinem Berufswunsch „Weltpräsident“ versteht. An Selbstbewusstsein und einer Portion Größenwahn mangelt es ihm definitiv nicht. Und doch sieht und hört man genauer hin, fällt es einem auf, dass um die Verwirklichung banalen Selbstverständlichkeiten geht.
So würde er seinem besten Freund M. – der soll und will Architekt werden – alle Häuser bauen lassen, die seinem Freund einfallen. Überhaupt will er für die Kinder Kindergärten und Schulen bauen, wo sie spielen können und Spaß haben, dabei dürfen natürlich elektronische Spiele nicht fehlen, wie Hüpfburgen und riesige Spielplätze. Jeder, vor allem Kinder, sollen immer, dass essen dürfen, was sie wollen. Er würde vorschlagen Kaiserschmarren, Griesskoch, Milchreis, Nudeln und Pommes.
Er will auch mehr erfinden lassen, Motorräder aus Gummi, damit es weniger Verletzungen gibt. Und zwei Dinge waren noch wichtig, einerseits würde niemand mehr flüchten müssen, weil es allen gut geht. Und allen Räubern verbietet er zu stehlen.
Als er mir seine Visionen während der Autofahrt erzählt hatte, war mein erster Gedanke „so viel falsch, habe ich doch nicht gemacht“ und der Zweite „wo biegen wir falsch ab im Leben, dass nicht einmal ein Bruchteil umgesetzt wird?“. So anders werden wir als Kinder nicht gedacht haben und auch die Elterngeneration wird ihre Wünsche und Vorstellungen gehabt haben.
Betrachtet man aber die Klimadiskussionen, Nachrichten rund um Terror und Krieg und Zukunftsprognosen, dann präsentiert sich uns ein weitaus anderes Bild. Wo verlieren wir unsere Fantasien? Ist es angebracht, dass 6jährige in der ersten Klasse ihre Schultasche auf den Tisch zur Abtrennung geben müssen, damit bei einer Ansage der Nachbar nicht abschreiben kann? Was vermitteln wir hier? Ganz abgesehen davon, dass ich Tests in der ersten Klasse sowieso hinterfragen würde. Aber es ist schon so normal, weil sonst funktionieren wir ja nicht in der Gesellschaft, wo Druck und Erfolg ein Standardprogramm darstellen.
Im Gymnasium läuft es ja nicht besser. Im Gegenteil, meine Tochter kann heute mit fast 12 Jahren fast besser mit Powerpoint Präsentationen umgehen, als ich. Fachlich sind die Kinder heute wirklich gut und besser, als wir damals, aber bitte nur nicht zu viel selbst und vielleicht noch kritisch denken. Und auch auf der Universität Wien wurde uns letztens bei einem Seminar angeraten, bitte keine kritischen Fragen – allgemeiner Natur – an den Vortragenden zu richten, der über Moral und robuste Ethik referieren würde.
Wir verlieren unsere Fantasien über all diese Geraden, die uns einen Weg vorgeben sollen und wollen. Manchmal fühle ich mich wie Don Quijote nur sehe ich die Windmühlen nicht. Aber wie sagte Thomas Mann so richtig: „Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.“