Archiv für den Monat: Oktober 2014

#221: Freunde kann man sich aussuchen

Und Familie nicht. Ich habe es mit Beiden gut getroffen. Am Wochenende haben wir den 5ten Geburtstag von Pam-Pam gefeiert. Und zwar mit Picknick Decke, Prosecco, Schnitzerln, Himbeersaft, Roastbeef und Fleischleibchen uvm. auf der Jesuitenwiese im Prater. Es waren 11 Kinder, noch mehr Eltern und Erwachsene und sogar 2 junge Erwachsene, die der Einladung gefolgt sind. Die Sonne hat geschienen und die Kinder haben sogar in feinster Feinripp-Unterleiberl Manier Fussball gespielt. Ich kann gar nicht dankbarer sein für diesen wunderbaren Tag, weil nicht nur, dass wir herrlichstes Wetter hatten, wir haben auch fast alles aufgegessen und ausgetrunken. Um 10 Uhr als wir aus unserer Haustüre gingen, fühlte ich direkt wie meine balkanesischen Wurzeln aus jeder Kiste und Kühlbox (3 Kisten, 2 Kühlboxen) herausjubelten. Vor Ort belegt wir den besten Tisch und breiteten uns entsprechend aus.

Wir spielten Fussball. Männer verletzten sich (wie es sich gehört mit entsprechender Vorwärtsrolle und Urschrei). Kinder stritten und vertrugen sich. Eltern schliefen, tratschten und genossen die Sonne.

Ich bin dankbar für diese Freunde, deren Kinder auch die Freunde meiner zwei Kinder sind (groß und klein!). Ihr habt diesen Tag zu einem wundervollen Erlebnis gemacht.

#220: Pubertät, wir kommen

Es ist blöd, wenn man sich selbst nicht mehr so an seine eigene Pubertät erinnert oder wann sie angefangen hat, wie lange und wie man sich gefühlt hat, nämlich tatsächlich. Das ich dachte, dass meine Eltern mich sowieso nicht verstehen, total uncool, gemein und einfach Eltern waren, daran erinnere ich mich, aber dieses tiefe innere Gefühl verblast irgendwie und relativiert sich mit den Jahrzehnten.
Und ja, ich habe sogar mit meiner Mama „gerauft“, da ich der Meinung war, dass sie den Modeschmuck meiner Oma nicht haben durfte. Und ich habe sie angeschrieen, Türen geknallt und war frech. Wie das meine Eltern ausgehalten haben, frage ich mich manchmal.
Auf ein entsprechendes Streitgespräch mit meinen Eltern habe ich ihnen vorgeworfen, dass sie selbst schuld seien, den sie hätten ja keine Kinder bekommen müssen.

Meine Prinzessin ist noch nicht ganz so weit und noch Lichtjahre von so einem Benehmen entfernt, aber die emotionalen Hochschaubahnfahrten beginnen langsam und geben mir das Gefühl, dass ich in einem Wagon sitze, der erst langsam in Fahrt kommt und mit Höhen und Tiefen immer schneller wird. Nur das mit dem Bremsen wird mir immer mehr bewusst, das funktioniert nicht.

#219: Gewalt und Philosophie

Was hat Gewalt mit Philosophie zu tun? Gewalt kämpft immer noch damit sich in seiner Begriffsdefiniton wiederzufinden. Schon alleine das scheint gewaltig gewalttätig abzulaufen. Wo noch bis in die 1960er Jahre der Fokus auf der physischen Gewalt lag, wandelte sich mit Habermas dieser Fokus, weil schlussendlich man argumentieren könnte, dass überall ums uns herum Gewalt ist. Soziale, sprachliche, politische … Gewalt findet sich in allen Medien, in Kunst und im Eltern- und Kindsein.

Sogar Sartre gibt an, dass Gewalt nicht ohne Gegenwart existiert. Somit Schuld sind sowieso immer die anderen. Und wer kennt das nicht? Nicht nur von seinen Kindern und sich selbst scheint es immer einfacher zu sein zu relativieren. Er oder sie hat angefangen und somit sollen Handlungen gerechtfertigt werden.

Eine Definition, die mich persönlich anspricht, ist die, dass Gewalt den Anderen in seiner Andersartigkeit negiert und verletzt. Wobei Andersartigkeit nicht sichtbare Andersartigkeit notwendigerweise beschreibt, wobei natürlich kann (von den großen Ohren angefangen) aber oftmals eben etwas ist, was nicht greifbar ist, was uns unterscheidet in unserer Art und Weise von dem Anderen.

Kinder sind hier besonders betroffen, einerseits in ihrer eigenen Abgrenzung zu dem Anderen und andererseits im Verletztwerden durch Worte und Sprache und Verhalten. Sie können dadurch mindestens gleichermassen verletzt werden, wie durch physische Gewalt. Wir sehen aber leider oft nur die sichtbaren Verletzungen und nicht die anderen.

#218: meine Probleme mit Kant

Ich habe ja so ein paar persönliche Befindlichkeiten mit Kant und dieses Semester ist es soweit, dass ich mich ihm stellen muss. Ich habe nämlich gleich 2 Seminare und eine Hauptvorlesung zu Kant, seiner Moralvorstellung, der praktischen Vernunft und den Kategorien inklusive. Ich mochte ihn bis dato eigentlich nicht, weil er einerseits so vertrocknet unsympathisch aussieht. Das muss man – finde ich – sagen dürfen, weil bei ihm geht es auch viel um Anschauungen und Wahrnehmungen. Ästhetik nach Kant handelte nicht von der Kunst und den schönen Dingen, sondern davon, wie wir das Subjekt anschauen und ihm dadurch Erkenntnis geben können. Und meine Erkenntnis war, dass er einfach unsympathisch rüberkommt. So null Humor und so. Er war ja auch der Meinung, dass an seine Akademie nur jemand Einlass finden darf, der Mathematik versteht.

Er spricht auch gerne über das „uns“ und meint nicht die Vielzahl von uns Individuen, sondern er meint das „transzendentale Subjekt“. Er ist kompliziert und man könnte fast meinen, dass es ihm einen Heidenspaß macht, dass wir einmal nachdenken müssen, was er den hier so damit meint. Weil schlussendlich sagt er ja auch, dass wir „üben, üben, üben müssen um zu verstehen“.

#217: Lernen lernen

Im Gymnasium hatten wir Eltern mit den Kindern bereits einen Workshop zum Lernen lernen und eigentlich ist fast zu spät. Kinder müssen bereits davor lernen, wie sie richtig lernen können. Was ihre individuellen Strategien sein können, um sich Vokabel, Grammatik und Hausaufgaben-Merken zu merken.

Für das Hausaufgaben-Merken hat sich bei uns eindeutig WhatsApp etabliert, dort erfolgt der Austausch der Nummern und zeitlichen Informationen, hingegen Lösungen werden noch mit dem Vermerk „das ist ja schummeln“ nicht verteilt. Überhaupt sind wir als Eltern sehr gefordert – wöchentliche Tests in Biologie, Englisch und Deutsch (ich werde zum Abprüf-Profi) und natürlich den täglichen Hausaufgaben. Wobei ich es schon bedenklich finde, wenn in Englisch 3 Seiten Vokabeln (inkl. ganzen Sätzen) Woche für Woche gelernt werden müssen, jedoch im Buch Seiten und sogar ein Kapitel ausgelassen wurde, da Kinder sich das „alleine“ anlernen sollen. Wie soll das funktionieren?

Heute ist wieder ein „Lernen lernen Workshop“, beim Letzten bin ich fast eingeschlafen, ob des Frontalunterrichts und den „NO-na-ned-gut-gemeinten-Ratschlägen“. Ich muss diesmal nicht dabei sein, und meine Prinzessin tut mir jetzt schon leid. Dabei wäre ein didaktisch gut aufbereite Lernstunde sicher wertvoll für die Kinder wäre, da sie mit einem Mal von der „Ei-Ei“ Volksschulwelt in die „uns-bist-du-egal“ Gymnasiumswelt fallen. Auffangen werde ich die Prinzessin alle Mal, weil der Weg zum Erwachsenwerden ist noch lange genug und muss nicht innerhalb von 6 Monaten vollzogen sein.

#216: konsi

Niemals hätte ich gedacht, dass ich mich einmal als ein „Konsi“ empfinden würde, fast spiessig, wie ich ein Problem damit habe, wie manche Erwachsene sich verhalten. Natürlich sah die Familie gestern auf den Fahrrädern super aus, und ich meine so richtig cool stylish in Lederjacke, coolen Klamotten und fliegenden Haaren … Und ich weiß, dass ich wirklich blöd mit dem Fahrradhelm aussehe, trotzdem ich ein Hutgesicht (angeblich) habe. Aber ich trage einen, nicht nur weil ich ein Vorbild meinen Kindern sein will, muss und möchte, sondern auch, weil es einfach sicherer ist. Und natürlich verlange ich auch von meinen Kindern, dass sie einen Helm aufsetzen müssen, weil Kinder nun mal nicht nur nicht den Erfahrungsschatz von uns Erwachsenen im Straßenverkehr haben, sondern auch, weil sie eben kleiner, weniger sichtbar und gefährdet im Strassenverkehr sind. Und somit ist es dumm von den coolen und gut angezogenen Erwachsenen ohne Helm zu fahren, aber ihre Kinder ohne Helm mitten in Wien auf der Straße fahren zu lassen, ist dumm, überheblich und verantwortungslos.

Dagegen ist das Auspacken und Essen bzw. Trinken von nicht bezahlten Artikeln im Supermarkt natürlich kleinlich, aber ich mag es trotzdem nicht. Vor allem, wenn es solche Ausmaße annimmt, dass nicht nur ein Semmerl für den Nachwuchs gegessen lassen wird, sondern die ganze Familie nutzt den Einkauf im Supermarkt für ein mobiles Picknick.
Meine Mama hat mir immer gesagt, dass wir zuerst unsere Einkäufe bezahlen müssen, weil sie davor eben noch nicht uns gehören, und schlussendlich stimmt es. Und keines dieser Kinder oder Elternteile sieht danach aus, dass es nicht 10 Minuten warten könnte. In unseren Breitengraden sind Hungerperioden eher selten. Warten lernen und Geduld haben, ist wohl für den Nachwuchs auch nicht so verkehrt zu lernen, vor allem, da es vielleicht nur eine Kleinigkeit ist, aber wenn ich immer dieses Gefühl vermittle, dass alles sofort und gleich vorhanden ist, wird das wohl kaum passieren.

Manchmal sind es Kleinigkeiten und manchmal eben nicht, die uns zeigen, was für Werte und Einstellungen wir selbst haben. Und somit bin ich eben doch spiessig, zumindest ein bisschen manchmal.

#215: Die Wiesn

Gestern war ich das erste Mal auf der Wiener Wiesn und meine Zelterfahrungen beruhen auf diverse Zirkusbesuche und einem einmaligen Messebesuch im Linzer Land vor über 15 Jahren (und der dürfte nicht beeindruckend gewesen sein, sonst würde ich wesentlich sattelfester im Schunkeln sein).
Somit sind wir auch schon beim Schunkeln und Einsingen, Mitsingen, Nichtsingen des gestrigen Abends. Die Stimmung des Publikum steigt mit dem Alkoholkonsum und der wiederum steigt, weil die volkstümliche Ziehharmonika-Truppe zwischen jedem zweiten Lied „Ein Prosit“-Lied einfordert und prompt reagieren die Tische und prosten sich mit halb Liter Krügeln Wein oder größeren Gefäßen mit Bier zu. Überhaupt war das Intervall zu Beginn wesentlich höher als gegen Ende des Auftrittes, aber das lag wohl daran, dass sie von sich wohl nicht so überzeugt waren, dass sie eine entsprechende gruppendynamische Euphorie zusammenbringen. Sei es drum, es hat funktioniert. Selbst die nicht trachtragenden Intellektuellen (die erkennt man in der Masse der Dirndl und Lederhosen) standen dann auf den Tischen und haben die „Hände zum Himmel“ (kommt lasst uns glücklich sein).

Ich kenne da nichts, ich mache mit beim Schunkeln auch ohne entsprechende Motivationshilfen, weil schlussendlich weiß ich ja, warum ich dort bin – um Spaß zu haben. Und den hatte ich definitiv. Mit meiner Freundin J. habe ich einen Discofox (siehe Eintrag davor, wie beeindruckt ich sein kann) hingelegt, das einem die Ohren schlackern. Und ja, wir haben etwas gebraucht, weil sie halt lernen musste, wer führt – und zwar ich! Was auch einem wackeren Lederhosen-Mann aufgefallen ist, der nach 2 Drehungen aufgegeben hat „Du losst die ned führen.“ …

Über Mehrdeutigkeit braucht man auf so einem Fest nicht nachdenken.